Männer mit einer sexuellen Dysfunktion wurden mit einer Lichttherapie behandelt. Die Bestrahlung mit einer Beleuchtungsdosis von 10.000 Lux am frühen Morgen erhöhte den Testosteronspiegel und steigerte ihre Libido. Eine fixe Idee oder ein vielversprechender Ansatz?
Dass Mann nicht in Stimmung kommt kann die unterschiedlichsten Ursachen haben. Doch es gibt Licht am Ende des Tunnels für lustlose Herren. Licht macht glücklich. Das ist zunächst mal keine neue Erkenntnis. Über den Sehnerv wird die Epiphyse angeregt, das Glückshormon Serotonin auszuschütten. Gleichzeitig wird die Ausschüttung von Melatonin gehemmt, dies steigert die sexuelle Stimmung durch erhöhte Testosteronausschüttung. Eine Lichttherapie, wie sie bei der Behandlung von Depressionen angewandt wird, soll nun auch dabei helfen, die Libido wieder anzuregen. Italienische Mediziner berichten von ersten Erfolgen bei Männern, die unter Testosteronmangel leiden. Es wurde eine kleine Testgruppe von 38 betroffenen Personen ausgewählt und diese einer 2-wöchigen Lichttherapie unterzogen, welche aus einer morgendlichen 30-minütigen Bestrahlung mit weißem Licht bestand. 19 Personen erhielten dabei eine Beleuchtungsdosis von 10.000 Lux, die Kontrollgruppe wurde mit nur 100 Lux bestrahlt. Vor und nach der Behandlungsperiode ermittelten die Mediziner den Testosterongehalt im Blut der Probanden. Zusätzlich erfolgte eine subjektive Einschätzung der sexuellen Zufriedenheit durch die Testpersonen selbst. Zu Beginn der Behandlung bewerteten die Personen beider Testgruppen ihre sexuelle Zufriedenheit auf einer Skala von 1-10 durchschnittlich mit 2. Die mit hoher Luxstärke bestrahlten Probanden gaben diesbezüglich nach 2-wöchiger Behandlung durchschnittlich einen Wert von 6,3 an. Für Personen der Kontrollgruppe betrug die sexuelle Zufriedenheit nach 2 Wochen einen Wert von 2,7. Unabhängig davon konnte eine etwa 70%-ige Erhöhung des Testosteronspiegels im Blut der intensiv bestrahlten Personen festgestellt werden. Der Testosterongehalt im Blut der Kontrollpersonen hingegen blieb unverändert. Die Forscher vermuten daher einen Zusammenhang zwischen der verstärkten Testosteronproduktion und der größeren sexuellen Zufriedenheit.
Testosteron wird hauptsächlich im Hoden und in kleinen Mengen in der Nebennierenrinde synthetisiert. Dafür verantwortlich ist das im Hypophysenvorderlappen gebildete zur Gruppe der Gonatotropine gehörige Lutropin (luteinisierendes Hormon, LH). Schon 2003 konnte in einer Studie die lichtabhängige Exkretion von LH gezeigt werden. LH wird reguliert durch Prolaktin, einem ebenfalls in der Hypophyse synthetisierten Hormon. Prolaktin folgt hierbei dem Tag-Nacht-Rhythmus des Melatonins, welches den schlaffördernden Gegenspieler des Stimmungsaufhellers Serotonin darstellt. Für die Ergebnisse der aktuellen Studie besteht der Erklärungsansatz darin, dass durch die Lichteinwirkung weniger Melatonin freigesetzt und die Prolaktinbildung verringert wird. Dies wiederum führt zu einer reduzierten Lutropinhemmung und einer gesteigerten Testosteronfreisetzung. Der exakte biochemische Mechanismus jedoch, welcher nach der Lichttherapie zum Testosteronanstieg führt, ist bisher nicht vollständig aufgeklärt.
Die hier vorgestellte Studie umfasst nur eine geringe Anzahl beteiligter Testpersonen. Daher sind noch keine gesicherten Aussagen über die therapeutische Wirksamkeit der Methode möglich. Jedoch handelt es sich um einen vielversprechenden Ansatz, der mit weniger Nebenwirkungen verbunden ist als die bisher üblichen Therapieverfahren bei Testosteronmangelerscheinungen. Derzeitige Therapien erfolgen nach gründlicher Diagnostik und Ausschluss von Kontraindikationen gemäß den Leitlinien für die Behandlung von Hypogonadismus der European Association of Urology (EAU) durch Testosterongabe in Form von Kapseln, Tabletten, Pflastern, Injektionen oder Gelen, sogenannten Testosteronersatztherapien. Die Verabreichung oraler Testosteronpräparate gilt als eine der sichersten Darreichungsformen. Nur selten treten Nebenwirkungen auf und der Testosteronspiegel lässt sich kontrollierbar auf physiologische Konzentrationen anheben.
Jedoch sind mehrere tägliche Dosierungen bei gleichzeitiger Einnahme fettreicher Nahrung erforderlich. Häufige Darreichungsformen sind auch Testosteroninjektionen oder Gele. Die transmuskuläre Injektion erfolgt abhängig von der Schwere des Testosteronmangels als lang oder kurz wirksames Depotpräparat. Bei Präparaten mit kurzer Wirkungsdauer muss die Behandlung alle 2-3 Wochen erneuert werden. Ein Zeitraum von 10-14 Wochen kann mit länger wirksamen Injektionen überbrückt werden. Dass der Patient für längere Zeit nicht an die Behandlung denken muss, ist sicher ein wesentlicher Vorteil dieser Therapie. Zudem kann bei Verabreichung der kurz wirksamen Dosis schnell auf eventuelle unerwünschte Nebenwirkungen reagiert werden. Nachteilig ist jedoch, dass die Testosteronwirkung häufig direkt nach der Verabreichung der Injektion übermäßig ansteigt und nach einiger Zeit dann plötzlich spürbar abnimmt. Aufgrund fehlender Erfahrungswerte können zudem die Intervalle der Injektionen nicht exakt bestimmt werden, sodass die Patienten am Ende eines Intervalls in ein „Testosteronloch“ fallen können, was mit Stimmungsschwankungen und Hitzewallungen einhergeht. Unkomplizierter hingegen ist die Anwendung von Testosterongelen. Bei regelmäßiger Anwendung kann ein normaler und gleichbleibender Wert erreicht werden, und bei auftretenden Nebenwirkungen ist es möglich, die Behandlung sofort zu unterbrechen. Dafür muss bei der Anwendung mit Hautirritationen gerechnet werden, und der Kontakt Dritter mit dem aufgetragenen Gel muss vermieden werden.
Libidoverlust hat nicht immer nur körperliche Ursachen. Neben den beschriebenen hormonbedingten Störungen sind es häufig auch psychische Gründe, die das sexuelle Verlangen mindern. So können Depressionen, Angststörungen, Stress oder traumatische Erlebnisse Auslöser sein, die die Lust auf Sex hemmen. Psychotherapeutische Ansätze, die beispielsweise in Paartherapien tiefgehende emotionale Konflikte des Einzelnen mit sich selbst oder mit dem Partner zu lösen versuchen, sind hierbei sicher der symptomatischen Behandlung mit Antidepressiva vorzuziehen. Doch im Rahmen von Akuttherapien zur Überwindung depressiver Episoden und zur Überbrückung des Wartens auf die Psychotherapie ist der Einsatz von Psychopharmaka unter Umständen sinnvoll (siehe auch aktueller Artikel: Der Antidepressiva-Reflex). Allerdings haben die dabei häufig verwendeten selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer den Nachteil, dass sie zwar für eine stimmungsfördernde Serotoninanreicherung sorgen, aber andererseits auch die Libido negativ beeinflussen. Hier versucht man durch Kombination der medikamentösen Behandlung mit der Lichttherapie erhöhte Melatoninspiegel zu verhindern, denn diese sind ursächlich für verringerte Testosteronwerte und den damit verbundenen Libidoverlust.
Somit scheint die morgendliche Bestrahlung mit weißem Licht eine echte Alternative zur Behandlung von Personen mit vermindertem sexuellen Verlangen darzustellen. Sei es in Kombination mit Antidepressiva oder als alleinige Therapie bei Testosteronmangel. Für diese Form der Therapie spricht zudem, dass sie tolerierbarere Nebenwirkungen aufweist als Testosteronersatztherapien. Die häufigsten Begleiterscheinungen sind Kopfschmerzen, Augenirritationen und Übelkeit. In selteneren Fällen kommt es besonders bei Patienten, welche mit Antidepressiva behandelt werden, zu manischen Zuständen. Daher sollte natürlich auch hier der Behandlungsplan immer zuerst mit dem behandelnden Arzt abgeklärt werden. Dies gilt ganz besonders für Personen mit Vorerkrankungen der Augen oder einer Hautkrebsgeschichte.