ATLS-Kurs. Herrlich. Ein Wochenende voller Drama und Action. Man trainiert, diskutiert und macht Fehler. Ganz besonders die routinierten Kollegen haben Probleme, vorab sorgfältig alle Kontrollpunkte durchzugehen und nicht einfach „drauflos zu retten“.
Unendlich viele Wunden
Patienten (simulierende Patienten oder Puppen natürlich) mit Schussverletzungen, Stichwunden, Beckenverletzungen, Notfallthoraxddrainagen, Notfallintubationen und Koniotomien müssen versorgt werden.
Das Chirurgenherz ist begeistert. Es wird diskutiert, trainiert, erörtert, von sieben bis sieben. Vom Anfänger bis zum Chefarzt. Alles schwitzt. Jeder macht Fehler.
Für die Ärzte mit viel Berufserfahrung ist es fast schwerer als für die Anfänger. Die Anfänger haben noch kein festes Schema.
Endgegner Routine
Der eine oder andere Chefarzt der Anästhesie hat den Tubus einfach schon drin, bevor er an A,B,C,D oder E denken kann. Lang und hart erarbeitete Arbeitspraxis. Selbst die Unterweiser haben trotz Routine dank vieler „echter“ polytraumatisierter Patienten den Schweiß auf der Stirn. Das ist gut so.
Diese Situationen sind im Training wie im Wettkampf Ausnahmesituationen. Jeder hat seine Position. Die Rollen sind klar verteilt. Es ist wie ein Boxenstopp in der Formel 1, bei dem alles klappen muss. Die Uhr tickt. Das vegetative Nervensystem ist zum Zerreißen gespannt.
Überlegen, handeln, rekapitulieren. Es ändert sich was. Noch einmal von vorne. In diesen Situationen muss einfach alles klappen. Am Sonntagabend haben alle bestanden. Mit viel Herzrasen, Schweiß auf der Stirn und unter den Achseln. Bisher dachte ich eigentlich, unser Polytrauma-Management sei ganz gut.
Nach dem Training ist vor dem Training
Als ich zwei Wochen später in der Notaufnahme stehe, bemerke ich, dass hier doch noch viel trainiert werden muss. Bis auf mich und zwei andere im Team schwitzt keiner. Der Anästhesist hat die Hände im Schoß gefaltet, der Anästhesiepfleger hat seine in die Taschen der Scrubs gesteckt und die Notfallschwester neben mir fragt, wer denn nochmal für die Blutabnahme zuständig sei.
Als alle Kollegen da sind, klappt es erstaunlich gut. Stichverletzung, Oberbauch, Unterbauch, Leiste, der Patient ist instabil. Der Chefarzt einer anderen Abteilung trifft ein. Er hat die ersten Minuten verpasst und will den Patienten ins CT schieben. A, B: kein Problem. C ist ein großes Problem. Nein, da ist nichts mit CT. Mein Oberarzt und der Chefarzt der anderen Abteilung geraten in eine Diskussion.
Ich schwitze. Im Training hätte ich jetzt laut wiederholt. A okay, B okay, C kriegen wir nicht in den Griff. Jetzt im Wettkampf? Ich zögere, mein Oberarzt hat die Leitung. Plötzlich meldet sich der Anästhesist, immer noch die Ruhe selbst, zu Wort. „A gut, B gut, C nicht. Ich fahre in den OP mit dem Patienten. Wenn jemand operieren will, ist er in zwei Minuten da.“