Lymphödeme können insbesondere nach einer Brustkrebsoperation auftreten. Behandlungen der Schwellungen sind bisher schwierig. Forscher zeigten nun, dass regulatorische T-Zellen das Wachstum der Ödeme hemmen. T-Zell-Transfusionen sind daher denkbar.
Zu Lymphödeme kommt es in vielen Fällen nach Operationen, bei denen Lymphknoten entfernt werden. So entwickelt beispielsweise ein Fünftel aller Patientinnen einige Jahre nach einer Brustkrebsoperation ein Lymphödem im Arm- oder Brustbereich. Für die betroffenen Frauen kann dies sehr belastend sein, nicht nur aus kosmetischen Gründen, sondern auch, weil sie den Arm schlechter bewegen können und es häufiger zu Infektionen kommt. Heilen konnte man die Schwellungen bisher nicht, lediglich durch Maßnahmen wie Lymphmassagen lindern.
Warum einige Patientinnen Lymphödeme entwickeln, andere nicht, ist unklar. Es gibt jedoch Hinweise, dass bei der Entstehung von Lymphödeme nicht nur der chirurgische Eingriff eine Rolle spielt, sondern auch Entzündungsprozesse im Körper. Ein Team von Forschern der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) und der Aristoteles-Universität Thessaloniki hat nun entdeckt, dass ein bestimmter Typ von Blutzellen – die regulatorischen T-Zellen – Lymphödeme unterdrücken können. Diese Erkenntnis könnte helfen, Therapien zu entwickeln, um Lymphödeme zu heilen. Auf die Spur der regulatorischen T-Zellen in Zusammenhang mit Lymphödeme kamen die Forscher, unter der Leitung von Professor Michael Detmar, als sie in Lymphödem-Gewebe von Mäusen die Konzentration verschiedener RNA-Moleküle ermittelten. In besonders hohen Konzentrationen kamen Moleküle vor, die spezifisch die Gen-Aktivität in regulatorischen T-Zellen steuern.
Daraus schlossen die Wissenschaftler, dass im Lymphödem-Gewebe solche Zellen verstärkt aktiv sind. In anschließenden zellbiologischen Untersuchungen, sowohl von Mausgewebe als auch von Biopsien von Patientinnen wiesen die Forscher diesen Zelltyp außerdem direkt nach. In weiteren Versuchen bei Mäusen konnten Detmar und seine Kollegen die Rolle der regulatorischen T-Zellen bei Lymphödemen klären: Die Zellen hemmten das Wachstum der Ödeme. Tiere, denen die regulatorischen T-Zellen fehlten, entwickelten stärkere Lymphödeme. Umgekehrt zeigten Mäuse deutlich schwächere Schwellungen, wenn die Forscher bei ihnen zuvor die Zahl der regulatorischen T-Zellen erhöhten.
Die Wissenschaftler führten dazu zwei Arten von Experimenten durch. Einerseits aktivierten sie die regulatorischen T-Zellen durch die Gabe bestimmter Stoffe, wodurch sich deren Zahl stark erhöhte. In anderen Experimenten verabreichten die Wissenschaftler den Mäusen eine Transfusion mit regulatorischen T-Zellen. „Wir zeigen mit unserer Arbeit, dass man über die Unterdrückung von Entzündungen, Lymphödeme in Schach halten kann“, sagt Detmar. Bisher habe sich die Medizin bei der Behandlung von Lymphödeme auf die Lymphgefäße und den Abfluss der Lymphflüssigkeit konzentriert. „Unsere Studie legt hier einen Paradigmenwechsel nahe. Bei der Therapie von Lymphödeme sollte man den Blick eher auf Entzündungsreaktionen richten. Möglicherweise wäre mit diesem Ansatz auch erstmals eine Heilung von Lymphödeme möglich.“
So wäre eine Therapie mit entzündungshemmenden Medikamenten zu prüfen, sagt Detmar. In Zukunft denkbar wäre auch eine Transfusion von regulatorischen T-Zellen. „Dies wird im Rahmen von klinischen Studien bereits gemacht, allerdings bei andern Krankheiten: bei Komplikationen nach einer Organtransplantation und bei bestimmten Autoimmunkrankheiten“, so Epameinondas Gousopoulos, Arzt und Doktorand in Detmars Gruppe. Allerdings müsse man bei Krebspatientinnen auch im Auge behalten, dass Maßnahmen, welche Immunreaktionen unterdrücken, das Tumorwachstum fördern könnten, geben die Wissenschaftler zu bedenken. Es gelte, die richtige Balance zu finden. Originalpublikation: Regulatory T cell transfer ameliorates lymphedema and promotes lymphatic vessel function Epameinondas Gousopoulos et al.; JCI Insight, doi: 10.1172/jci.insight.89081; 2016