Als erstes Krankenhaus in Großbritannien (GB) darf die reproduktionsmedizinische Kinderwunschklinik im nordenglischen Newcastle eine von ihr selbst entwickelte Technik der Mitochondrienspende bei Frauen anwenden, die unter einer sehr seltenen Mitochondriopathie als genetische Schädigung mit er(he)blicher Fehlfunktion der Mitochondrien, leiden.
Das Londoner Parlament genehmigte die künstliche Erzeugung von Babys mit drei Elternteilen bereits 2015. Jetzt gab die Behörde für menschliche Befruchtung und Embryologie, die Human Fertilisation and Embryology Authority (HEFA), die vor der Anwendung dieser Methode über jeden Einzelfall entscheiden muss, ihr Plazet.
Die HFEA-Chefin Sally Cheshire sagte, das sei der „Höhepunkt vieler Jahre harter Arbeit von Forschern, klinischen Experten und Regulierungsbehörden“. Und weiter: „Patienten können bei der HFEA nun individuell beantragen, sich einer Mitochondrienspende zu unterziehen“. Dies werde das Leben der Frauen verändern, die vermeiden wollen, ernsthafte genetische Erkrankungen weiterzuvererben.
Ganz wie die Eltern – trotz Spende
In Großbritanien werden ca. 125 Kinder jedes Jahr mit einer von der Mutter vererbten Mitochondriopathie geboren. Mitochondrien sind kleinste Strukturen in den Zellen, die Glukose in Energiemoleküle verwandeln. Fehlfunktionen und Energiemängel führen zu schweren degenerativen Krankheiten, Diabetes mellitus oder progressiver Muskelschwäche.
Indem defekte Mitochondrien aus den Eizellen entfernt und durch Mitochondrien einer gesunden Spenderin ersetzt werden, kann die so veränderte Eizelle im Labor mit dem Sperma des Vaters befruchtet und in die Gebärmutter der Mutter implantiert werden. Der von der Mitochondrienspende stammende Anteil an den Erbanlagen ist gering. Die DNA der Mitochondrien macht etwa ein Prozent der gesamten DNA der weiblichen Eizelle aus. Das so entstehende Kind wird zu 99 Prozent die Charakteristika seiner Mutter und seines Vaters aufweisen und gibt aber die Mitochondrien-Schädigung in nachfolgenden Generationen auch nicht mehr weiter.
Auch Jesus hatte drei Eltern
Manchen Lesern wird dieses Wirkprinzip irgendwie bekannt vorkommen: Vermutlich war doch Jesus von Nazareth das erste bekannte Kind mit dem Erbgut dreier Menschen: Maria war zweifelsfrei von ihrem Ehemann Josef schwanger und auf dem Weg zur Volkszählung, als ihr da so ein Kerl erschien, der von sich selbst behauptete, Gott zu sein. Er nannte sich mit Vornamen Allwissender, um sie zu beeindrucken, und wollte als Alleinseeligmachender über Allem stehen. Mit der ebenso dreisten wie schlichten Behauptung „Jesus Christus sei Gottes Sohn“ reklamierte er ebenfalls die vollständige Vaterschaft für dieses Kind.
Und um von der möglichen Behauptung bzw. des Vorwurfs eines „Mehrfach-Verkehrs“ mit der Kindsmutter – frei nach dem früheren Motto der Rechtsgelehrten „mater semper certa est“ (die Person der Mutter steht immer fest) – abzulenken, erfand er die reproduktionsmedizinisch und wissenschaftlich unhaltbare, aber dafür umso populistischere Theorie der „unbefleckten Empfängnis“ Mariens.
Und was geschah mit Josef?
Von Josef, dem gehörnten Ehemann Marias, hatte man dann in den unterschiedlichsten Bibel-Fassungen, so hießen die damaligen Sozialen Medien, nie wieder etwas Substanzielles gehört, außer dass man ihn in Abwesenheit heilig gesprochen hatte, oder?
Doch halt, nein, zumindest in meinem derzeitigen Urlaubsland Austria gibt es eine Ausnahme: Die am 19. März 1995 von Bischof Krenn durch Dekret errichtete „Gemeinschaft vom heiligen Josef“. Von dort kommen aber sicherlich keine Mitochondrienspenden!
Glossar: Mitochondrien werden über das Plasma der Eizelle nur von der Mutter vererbt, was Anlass zur Erforschung mütterlicher Verwandtschaftslinien (Matrilinien) war. Es hat sich mittlerweile herausgestellt, dass auch durch das Spermium einige männliche Mitochondrien in das Plasma der befruchteten Eizelle (Zygote) importiert werden. Diese „männlichen“ Mitochondrien werden jedoch wahrscheinlich recht schnell eliminiert. Es gibt aber einige wenige Fälle, in denen Mediziner nachweisen konnten, dass die Mitochondrien des Kindes aus der väterlichen Linie stammten. Krankheiten, die durch Mutationen in mitochondrialen Genen verursacht werden, werden nur von der Mutter weitervererbt. Bislang sind etwa 50 Krankheiten (Mitochondriopathien) bekannt, die durch mitochondriale Fehlfunktionen hervorgerufen werden. können.
Bildquelle (Außenseite): Karl-Ludwig Poggemann, flickr