Ich kenne mehrere Berichte aus kanadischen Chirurgie-Abteilungen, die sich rund um das Thema Ultraschall-Therapie bei Knochenbrüchen drehen. Die Ärzte in Kanada verordnen sehr gern gepulsten Ultraschall. Doch heilen Frakturen dadurch tatsächlich schneller?
Statistiken, die ich gelesen habe, sprechen von einer Verordnung bei jedem vierten Patienten. Aber worum geht es bei der Therapie genau? Und lässt sie Frakturen wirklich schneller heilen? Mit diesen zwei Fragen hat sich die Universität in Hamilton beschäftigt und jüngst ihre Ergebnisse veröffentlicht.
Was soll der gepulste Ultraschall bewirken?
Das Ziel der Ultraschallanwendung soll ein Anregen der Knochenheilung sein. Ein kleines Ultraschallgerät wird auf die betroffene Stelle gerichtet und der gewünschte Frequenzbereich eingestellt. Das Gerät sendet die gepulsten Ultraschallwellen durch die Haut und bis auf den gebrochenen Knochen. Dort wird, so die Idee, die Herstellung von Osteoblasten angeregt und die braucht der Körper zur Knochenheilung.
Was sagen alte Studien dazu?
Die Wissenschaftler aus Hamilton blickten auf die letzten 20 Jahre zurück. Solange wird der Ultraschall in Kanada schon als Heilungsbeschleuniger verwendet. Tatsächlich ist die medizinische Grundlage für die schnellere Heilung aber eher dünn. Klare Aussagen konnten die wenigen Studien der letzten Jahrzehnte nicht hervorbringen. Die größte Studie zum Thema entstand 2016 und damals fanden die Forscher keinen Vorteil gegenüber einer Scheinbehandlung.
Meta-Studie zweifelt an irgendeiner Wirksamkeit
Zurück nach Hamilton. Ich habe mir die Studienergebnisse der Meta-Untersuchung angesehen und finde darin bestätigt, was ich und einige Kollegen schon länger vermuten: Gepulster Ultraschall regt die Knochenbrüche nicht zu einer schnelleren Heilung an.
Die Wissenschaftler werteten sämtliche Studien zum Thema erneut aus und trugen die Ergebnisse in einer Gesamtauswertung zusammen. Insgesamt flossen so 23 Untersuchungen ein, bei denen die Ultraschallgruppen jeweils gegen eine Kontrollgruppe aufgestellt worden waren. Die Forscher sahen sich an, wann die Patienten wieder arbeitsfähig waren. Das ist ein guter Parameter, um abzuschätzen, wann ein Knochenbruch wirklich komplett verheilt ist. Das eindeutige Ergebnis: In allen Studien kamen die Patienten mit Ultraschalltherapie nicht früher an ihre Arbeit. In manchen Fällen dauerte die Genesungszeit sogar tendenziell länger.
Hinzu kommt, dass der Ultraschall auch die Schmerzen während der Heilungsphase nicht verringert. Viele Befürworter dieser Therapie sagen nicht nur, dass die Heilung schneller verläuft, sondern die Fraktur weniger schmerzt. Doch auch das konnte die Meta-Studie nicht bestätigen.
Zehn der 23 Untersuchungen hatten sich zusätzlich mit dem Thema „Folge-OPs“ beschäftigt. Es ging um die Frage, ob ein Patient dank Ultraschalltherapie ein kleineres Risiko für schwere Komplikationen mit erneutem Operationsbedarf hat. Auch hier fand die Meta-Studie keinen Zusammenhang. Das Risiko blieb in jeweils beiden Gruppen gleich.
Mehr Nebenwirkungen unter der Ultraschalltherapie?
Die Meta-Studie lässt gefühlt kein gutes Haar an der in Kanada so gern verschriebenen Maßnahme. Aber immerhin: Die Forscher fanden zumindest keine Anzeichen dafür, dass gepulster Ultraschall den Patienten in irgendeiner Form schadet. Die radiologische Heilung wird zwar nicht beschleunigt, aber zumindest auch nicht ausgebremst.
Quelle:
http://www.bmj.com/content/356/bmj.j656
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