Ich arbeite gerne im Team. Mit einer guten Struktur lässt sich die Arbeit dadurch vereinfachen und schneller erledigen als alleine. Unter uns Kollegen herrscht deshalb eine gute Stimmung. Einer hat den Überblick und delegiert an den Rest.
Das macht jede Woche jemand anderes. Jeder hat seine Position gefunden und ist meist glücklich damit. Dieser Zusammenhalt kostet uns Kollegen zwar jeden Tag aufs Neue ein bisschen Geduld, man muss Kompromisse schließen, mal hinten anstehen oder auf jemand anderen hören, aber wir arbeiten gerne so.
Es ist nämlich ganz schön viel Zeit, die wir da miteinander verbringen. Jeder hat gelernt, dass wir dadurch eine Menge unnötige Arbeit, Ärger, Nerven und Kraft sparen. Jeder hat seine Stärke in einem anderen Feld. Es funktioniert wirklich gut, eben wie ein eingespieltes Team. Bisher hat sich jeder neue Mitspieler wunderbar integriert.
Der neue Mitspieler möchte direkt im Sturm spielen
Seit ein paar Monaten haben wir nun einen neuen Mitspieler. Er kommt direkt von der Uni. Wird also erst mal auf die Ersatzbank gesetzt, Station, sechs Monate. Ankommen, reinkommen, lernen. Immer wieder mal ein Sahnehäubchen in Form von einer OP, Trauma, Notaufnahme. Unter Anleitung. Wenn es gut läuft, mehr vom OP, mehr vom Trauma, mehr Verantwortung. Toll.
Sieht unser Mitspieler aber nicht so. Er ist nämlich Stürmer. Mit oder ohne Ball, das ist ihm egal. Unser Mitspieler findet „see one, do one, teach one“ nicht besonders amüsant. Er überspringt das „see one“. Deshalb finde ich in den Anordnungen seit einiger Zeit Dosierungen von Schmerztabletten, abendlichen Schlaftabletten, Gerinnungshemmern usw., die einen Elefanten niederstrecken könnten.
Marcumar am OP-Tag?
Oder Handgelenksbrüche, die nicht reponiert eingegipst sind. Natürlich fehlt das Röntgenbild nach Gipsanlage. Mein Telefon klingelt pausenlos, weil irgendeine Schwester – ein Glück! – doch noch einmal nachfragen möchte, bevor sie einem Patienten das Marcumar am OP-Tag gibt.
Mitspieler zu kontrollieren, liegt nicht in meinem Aufgabenbereich. Ihm zu helfen und Pässe zuzuspielen, schon. Also bemühe ich mich wirklich. Leider prallt jeder Pass an einer eisernen Mauer aus Arroganz und Ignoranz ab. Die Bälle landen im Aus. Unser Team hält zusammen, unterstützt und lässt den Stürmer auch immer mal wieder laufen. Es endet jedes Mal in einem Elfmeter, der verschossen wird. Nach sechs Monaten muss unser Trainer den Stürmer leider vom Platz holen.