Tyrosinkinasehemmer zeigen in der Therapie von Adenokarzinomen bisher kaum Wirkung. Genomanalysen führten dies nun auf mehrfach vorhandene Treibergene zurück, die sich bei jedem Patienten unterscheiden. Für einen Erfolg müssten Chemotherapeutika stark individualisiert werden.
Adenokarzinome befallen die untere Speiseröhre kurz vor dem Übergang zum Magen. Sie sind oft Folge der Refluxkrankheit, die zu Schäden der Speiseröhrenschleimhaut führt und eine spätere Krebserkrankung auslösen kann. Reflux tritt häufig bei übergewichtigen Menschen auf und das Körpergewicht der Deutschen steigt kontinuierlich. „Die Erkrankungszahlen sind in den letzten Jahrzehnten um mehr als das Vierfache gestiegen“, berichtet Professor Dr. Rainer Porschen von der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (DGVS).
Hinzu kommt, dass Adenokarzinome schnell wachsen. Eine Operation komme leider oft zu spät, so Porschen. Viele Patienten sterben innerhalb eines Jahres. Die Effektivität der aktuellen palliativen Chemotherapien sollte daher dringend verbessert werden. Die Studienergebnisse könnten nun dazu beitragen, wirksame Behandlungsstrategien zu entwickeln: Das Forscherteam um Rebecca Fitzgerald von der Universität Cambridge untersuchte das gesamte Erbgut von jeweils 129 Adenokarzinomen. „Im Genom jedes Tumors fanden sie eine Vielzahl genetischer Veränderungen“, erläutert Porschen. Diese erklärten nicht nur, warum die Tumoren sich so schnell ausbreiten. Die Studie zeigte auch, warum moderne Medikamente wie Tyrosinkinasehemmer den Tumor nicht bremsen können: „Tyrosinkinasehemmer schalten gezielt bestimmte Treibergene aus“, so Porschen. „Adenokarzinome verfügen aber meist über mehrere Treibergene. Um erfolgreich zu sein, müssten wir mehrere Tyrosinkinasehemmer einsetzen und zudem bei jedem Patienten unterschiedliche. Eine Gen-Analyse könnte zeigen, welche Medikamente zu kombinieren wären.“
Die Forscher fanden zudem drei genetische Typen des Ösophagus-Adenokarzinoms, die sich etwa in ihren Reparaturmechanismen unterscheiden. Diese Merkmale bieten weitere Ansätze für Medikamente. „Die britische Genom-Studie liefert uns eine Fülle von neuen Hinweisen“, berichtet Professor Dr. Christian Trautwein, Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Stoffwechselerkrankungen und Internistische Intensivmedizin am Universitätsklinikum Aachen. Dennoch werde es einige Zeit dauern, bis die Ergebnisse für Patienten bedeutsam werden. Das liegt auch daran, dass Genom-Analysen teuer sind. „Es liegt eine große Hoffnung auf den Genom-Analysen, allerdings liefern sie aktuell keine Garantie, ob Medikamente wirken“, betont Trautwein. „Ob die gezielte Therapie eines Adenokarzinoms aufgrund einer Erbgut-Analyse funktioniert, werden wir erst wissen, wenn weitere Studien abgeschlossen sind.“ Originalpublikation: Mutational signatures in esophageal adenocarcinoma define etiologically distinct subgroups with therapeutic relevance Maria Secrier et al.; Nature Genetics, doi: 10.1038/ng.3659; 2016