Die neue Düngeverordnung macht Druck in Sachen Nitrat. Stickstoff ist lebenswichtig, kann in Form von reaktiven Verbindungen allerdings schädlich sein. Die Stickstoffverbindungen beeinflussen das globale Klima. Sie gelangen in das Grundwasser und verunreinigen die Luft. Aber haben die sie auch einen direkten Effekt auf unsere Gesundheit?
Elementarer Baustein aller Lebewesen
Stickstoff ist essentiell für alle Lebewesen, denn er kommt in Aminosäuren und Nukleotiden der DNS vor. Er tritt zu 99 Prozent als gasförmiger, elementarer Stickstoff auf, aber kommt auch in reaktiven Verbindungen vor wie zum Beispiel Nitrat, Nitrit, Lachgas oder Ammoniak. Die Freisetzung dieser Verbindungen hat sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts verzehnfacht. Dafür verantwortlich sind die Zunahme des Verkehrs, Massentierhaltung und die Industrialisierung. Das erhöhte Stickstoffvorkommen führt zu Umweltproblemen und beeinflusst darüber auch unsere Gesundheit.
Gefährdung der Gesundheit?
Erhöhte Nitratkonzentrationen im Grundwasser wurden bei 28 Prozent der Messstellen in Deutschland verzeichnet. Nitrat selbst ist nicht toxisch für den Körper, kann aber im Darm und im Mund von Bakterien zu Nitrit umgewandelt werden. In Verbindung mit Aminen entstehen dann Nitrosamine, die eine kanzerogene und mutagene Wirkung haben. Diese Annahmen wurden allerdings bisher nur in Studien mit Ratten bewiesen. Viele Wissenschaftler sehen auch Vorteile in der Aufnahme von Nitrat. Speziell über Nahrungsmittel, in denen Nitrat angereichert wird, nehmen wir die Stickstoffhaltige Verbindung zu uns. Es soll die Leistung von Muskelzellen erhöhen und über die Reduzierung zu Stickstoffmonoxid die Durchblutung fördern. Dementsprechend wirkt es Herzkreislauferkrankungen entgegen. Ob das in den Pflanzen über Kunstdüngung aufgenommene Nitrat eine andere Wirkung hat als das in natürlich entstandener Gülle muss allerdings noch geklärt werden. Bei Säuglingen hingegen ist es erwiesen, dass Nitrit im Blut den Sauerstofftransport stört, weil es das Eisen im Hämoglobin oxidiert. Da Säuglinge unfähig sind das blockierte Hämoglobin wieder in die sauerstofftransportierende Form umzuwandeln, kann eine Methämoglobinämie auftreten.
Nitrat gelangt zudem über die Atmosphäre in Oberflächengewässer. Dort führt Stickstoff als Nährmittel für Algen zu deren Massenentwicklung. Algenabbauende Bakterien wiederum verbrauchen Sauerstoff, so dass dieser im Gewässer stark reduziert wird. Dadurch entstehen tote Zonen in den Gewässern. Zusätzlich produzieren manche Algen für den Menschen gefährliche Zellgifte wie Schwefelwasserstoffe, die das Hämoglobin zerstören und das Nervensystem schädigt.
Stickige Luft
Als Ammoniakgas kommt Stickstoff in der Luft vor. Das erhöhte Vorkommen von Ammoniak ist nicht nur für sauren Regen verantwortlich sondern verursacht in Verbindung mit Feinstaub auch Herzkreislauf- und Atemwegserkrankungen, reduziert die Lungenfunktion und löst Krebs aus. Jährlich führt dies allein in Deutschland zu mehr als 47.000 vorzeitigen Todesfällen.
Zusätzlich wird unsere Luft durch Stickstoffdioxid, das von Industrie und Verkehr bei Verbrennung fossiler Energieträger entsteht, belastet.
Konsequenzen des Konsums
60 Prozent der Freisetzung reaktiver Stickstoffverbindungen ist auf die intensive Landwirtschaft zurückzuführen. Durch die übermäßige Produktion von synthetischem Dünger wird Stickstoff vermehrt in unsere Umwelt eingebracht. Daneben entstehen Unmengen an Gülle bei der intensiven Tierhaltung. Der Stickstoff der so auf die Felder gelangt wird von den Pflanzen aufgenommen und fördert deren Wachstum. Überschüssige Mengen an Nitrat werden in der Pflanze angereichert. Ein großer Teil des Stickstoffs verbleibt jedoch im Boden, da die Pflanzen ihn nicht mehr aufnehmen können, so dass er in das Grundwasser und die Atmosphäre gelangt. Eine Reduzierung des Konsums von Fleisch oder Milchprodukten sowie eine Verringerung des Verkehrs, können schon zum Schutz der Umwelt und der eigenen Gesundheit beitragen. Wie schädlich reaktive Stickstoffverbindungen wie Nitrat in hohen Konzentrationen für den Körper wirklich sind, benötigt allerdings weitere Forschung. Bildquelle: Martin Abegglen, flickr