Ersetzt ein PC den Therapeuten, fällt der wichtigste Faktor in einer Therapie weg: Die menschliche Beziehung.
Die Übergabe menschlicher Verantwortung an sogenannte Roboter ist auch in der Medizin ein viel diskutiertes Thema. So ist der Einsatz von „intelligenten“ Maschinen etwa beim Operieren keine Science Fiction mehr. Natürlich war es da nur eine Frage der Zeit, bis sich findige Köpfe überlegt haben, ob man nicht auch die psychotherapeutische Behandlung computerisieren könnte.
Das Ersetzen therapeutisch tätiger Ärzte und Psychologen durch Psycho-Programme klingt wie ein schlechter Scherz aus einem futuristischen Roman à la „Brave new world“. Dabei werden solche Therapeuten-Roboter bereits eingesetzt, wenn auch nur im Testbetrieb.
Mensch vs Maschine
Dass beispielsweise eine rein computergenerierte „Therapie“ im Sinne einer Verhaltenstherapie gegen Schlafstörungen ganz gut abschneidet, berichtet die ÄrzteZeitung. In diesem Artikel wird auch spekuliert, was wohl passieren könnte, wenn einst eine Studie durchgeführt werden würde, die Therapieergebnisse eines Computers und eines „echten“ Therapeuten vergleicht. Schnitte dann der PC besser ab als der Mensch, könnten Versicherungen auf die Idee kommen, einen menschlichen Therapeuten erst dann zu bezahlen, wenn der Roboter versagt hat. Man sieht daran schon, aus welcher Richtung hier das Interesse kommt: Natürlich sind Computerprogramme günstiger als echte Therapeuten. Außerdem muss der PC nicht so häufig eine Pause nach drei oder vier Patienten einlegen. Und einschlafen kann das Programm während der Therapie auch nicht (über’s Einschlafen des Therapeuten gibt es übrigens schon Literatur).
Eine echte Kommunikation möglich?
Den Einsatz computergestützter Behandlungsmodule sollte man nicht in Bausch und Bogen verurteilen. Eingebettet in ein Behandlungskonzept lassen sich möglicherweise gerade Symptom- und Befindlichkeitsratings gut mittels PC abfragen. Letztlich ersetzt der Computer dabei nur den Fragebogen.
Wie allerdings eine echte Kommunikation zwischen den individuellen Angaben des Patienten und einer so genannten „Künstlichen Intelligenz (KI)“ aussehen soll, bleibt mir schleierhaft. Die Vorstellung, mittels Interventionen, die durch ein bestimmtes Stichwort ausgelöst werden, eine sinnvolle Behandlung installieren zu können, finde ich befremdlich.
Therapeutische Beziehung unverzichtbar
Bei aller Strukturierung innerhalb der Therapie und aller Anwendung typischer therapeutischer Interventionen zweifle ich sehr daran, dass selbst im Rahmen einer Verhaltenstherapie auf eine gute therapeutische Beziehung vollständig verzichtet werden kann. Dies ist wohl auch das Zauberwort: Beziehung. Die menschliche Ebene in einer Behandlung ist in meinen Augen der am stärksten wirksame Faktor in jeder Therapie. Und nur im direkten Kontakt zwischen zwei Menschen entsteht jene partielle Gemeinsamkeit, in der zum Beispiel Peter Schellenbaum einen „psychoenergetischen“ Faktor sieht.
Diese Verbindung zwischen zwei Menschen in einer therapeutischen Situation ist in meinem Erleben mit keiner anderen Beziehungsebene zu vergleichen. Die „therapeutische Beziehung“ ist ein Nebeneinander von Nähe und Distanz, von Gefühl und Ratio in einem genau strukturierten Setting mit eindeutiger Rollenverteilung und klaren Grenzen, die Vertrauen und Öffnung erst ermöglichen. Sitze ich als Patient aber einem PC-Programm gegenüber, ist das Entstehen einer Beziehung nicht möglich. Insofern hat jede PC-Therapie ungeachtet der vielleicht möglichen Symptomreduktion etwas Entmenschlichtes und damit etwas Monströses.
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