In der Mundflora von Migräne-Patienten konnte ein deutlich erhöhter Wert von Bakterien festgestellt werden, die zur Verarbeitung von nitratreichem Essen, wie zum Beispiel Wurst, benötigt werden. Diese Bakterien stehen im Verdacht, Migräne auszulösen.
Bestimmte Lebensmittel gelten als Trigger für Migräne. Viele Menschen berichten über Kopfschmerzen nach Verzehr von Wurstwaren, Wein oder grünem Blattgemüse. All diese Nahrungsmittel enthalten Nitrate. Das gilt auch für Nitro-Präparate, die bei Angina pectoris oder Herzinsuffizienz zum Einsatz kommen. Bakterien, die diese Salze verarbeiten, sind bei Migräne-Patienten in höheren Mengen vorhanden. Zu diesem Ergebnis kamen Antonio Gonzales und sein Team von der University of California in einer aktuellen Studie.
Experten sehen einen möglichen Zusammenhang zwischen Stickstoffmonoxid-Reduktasen und Nitrat-induzierter Migräne. Um diesen nachzuweisen, verglichen die Wissenschaftler Auftreten und Menge von Nitraten, Nitriten und den für Stickstoffmonoxid-Reduktase codierenden Genen. Untersucht wurden 172 Mundproben und 1.996 Fäkalproben von gesunden Teilnehmern. Der Studie ging eine Umfrage der Probanden voraus, in der geklärt wurde, wer von den Teilnehmern schon mit Migräne zu kämpfen hatte. Zur Kategorisierung der unterschiedlichen Bakterien in den Proben nahmen die Forscher DNA-Sequenzierungen vor. Das Ergebnis: Im Darm-Mikrobiom, sowie ganz besonders in der Mundhöhle von Migränepatienten, fand man deutlich mehr nitratreduzierende Bakterien als bei den anderen.
Beim Essen entstehen die Beschwerden erst durch die chemische Reaktion, wenn die aufgenommenen Nitrate in Nitrite umgewandelt werden. Es werden Stickstoffmonoxide freigesetzt, die ab gewissen Mengen zu Kopfschmerzen führen kann. Weil der Mensch nicht über ein Enzym verfügt, das die in Lebensmitteln enthaltenen Nitrate zu Nitriten reduzieren kann, befinden sich in der Mundflora spezielle Bakterien, die diese Aufgabe übernehmen. Durch die Freisetzung der Stickstoffmonoxide kommt es zu einer Entzündung und Weitung der Blutgefäße. Das pulsierende Blut drückt dann gegen die Gefäßwände und löst den typisch hämmernden Schmerz aus. Je mehr dieser Bakterien man im Mund hat, desto mehr Stickstoffmonoxid wird erzeugt und desto höher ist das Migräne-Risiko, so die Annahme.
Es handelt sich um eine Querschnittstudie, die einen Zusammenhang zwischen Migräne und den Bakterien in Mundflora und im Darm-Mikrobiom zulässt, ein direkter Nachweis ist aber noch nicht möglich. Ob die vermehrte Anwesenheit dieser Bakterien zufällig oder ob sie die Ursache für die Unverträglichkeit von nitrathaltiger Nahrung ist, muss erst in weiteren Untersuchungen geklärt werden. Originalpublikation: Migraines Are Correlated with Higher Levels of Nitrate-, Nitrite-, and Nitric Oxide-Reducing Oral Microbes in the American Gut Project Cohort Antonio Gonzalez et al.; mSystems, doi: 10.1128/mSystems.00105-16; 2016