Eine aktuelle US-Studie präsentierte kürzlich Zahlen zur Prävalenz genitaler Infektionen mit humanen Papillomviren (HPV) bei Männern im Alter zwischen 18 und 59 Jahren. Bis zu 45 Prozent der Männer waren demnach HPV-positiv, darunter fanden sich auch die krebsinduzierenden HPV 16 und 18 sowie die warzenverursachenden HPV 6 und 11.
Einige der mehr als 200 bekannten humanen Papillomviren (HPV) können bei Frauen und Männern gleichermaßen Krebserkrankungen auslösen, beispielsweise das Zervixkarzinom bei Frauen, das Peniskarzinom beim Mann sowie Mund-Rachen-Karzinome oder anogenitale Tumoren bei beiden Geschlechtern.
Während Mädchen auch in Deutschland kostenfrei geimpft werden, wird die HPV-Impfung für Jungen hierzulande bisher nur von der Sächsischen Impfkommission (SIKO) empfohlen und daher von den sächsischen Krankenkassen übernommen. Dennoch, auch deutschlandweit regen sich immer mehr kleinere Kassen, meist Betriebskrankenkassen, und erstatten die Kosten für die Impfung der Jungen im Einzelfall.
HPV bei Männern weit verbreitet
Wie wichtig es ist, HPV im Blick zu behalten, zeigt die aktuelle amerikanische Studie, welche die Prävalenz genitaler HPV-Infektionen bei Männern zwischen 18 und 59 Jahren untersuchte. Das aufregende an dieser Arbeit: es nahmen 1.868 Männer teil, und diese rekrutierten sich nicht allein aus der Gruppe der Männer, die Sex mit Männern haben (MSM). Somit gibt diese Studie wohl einen guten Querschnitt über die HPV-Last bei Männern im Allgemeinen. Denn die Infektion ist keine Folge der sexuellen Orientierung. Sie betrifft vielmehr alle Männer gleichermaßen und hängt vom persönlichen Schutzverhalten und den sexuellen Praktiken ab.
Insgesamt testeten 45 Prozent, also fast jeder zweite Mann, positiv auf eine genitale HPV-Infektion. Jeder Vierte war dabei sogar mit einem Hochrisiko-HPV infiziert. Interessant ist zudem, dass in 7 Prozent der Fälle eine Infektion mit einem HPV-Typ bestand, der in der 4-fach-Impfung enthalten ist. 15,4 Prozent der Männer hatten einen Virustyp, der über die nonavalente Schutzimpfung abgedeckt wäre.
Dem gegenüber stand, dass nur jeder zehnte Mann, der die HPV-Impfung hätte bekommen können, auch tatsächlich geimpft war. Hierzu sei angemerkt, dass die HPV-Impfung für Jungen in den USA bereits allgemein empfohlen wird, die Akzeptanz aber derzeit noch zu gering ist.
Für Männer älter 23 Jahre war eine HPV-Infektion in etwa doppelt so wahrscheinlich wie für die Jüngeren (18–22 Jahre). Dies lässt sich möglicherweise mit der in den USA praktizierten HPV-Impfung erklären, die für Jungen und Jugendliche zwischen 9 und 21 Jahren empfohlen wird (Quelle: CDC). In der vorliegenden Studie waren 22 Prozent der 18- bis 22-Jährigen HPV-geimpft. Alleinstehende Männer, Witwer oder dauerhaft getrennt lebende Männer hatten im Vergleich mit verheirateten Männern ebenfalls eine doppelt so hohe Wahrscheinlichkeit für genitale HPV-Infektionen. Dies wiederum geht wohl darauf zurück, dass die Zahl der Sexualpartner bei Singles im Normalfall höher liegt als bei Verheirateten und damit auch das persönliche Infektionsrisiko steigt.
HPV sind sexuell übertragbare Erreger
Diese Studie zeigt, dass HPV-Infektionen durchaus ein größeres Problem bei Männern darstellen, als bisher angenommen. Dabei darf natürlich nicht vergessen werden, dass in immunkompetenten Menschen ein Großteil dieser Infektionen wieder verlorengeht. Dennoch bleibt der Mann in der Zeit bis zum Sieg seines Immunsystems über die Viren eine nicht zu vernachlässigende Quelle für HPV-Neuinfektionen.
Die erhöhte Wahrscheinlichkeit für HPV-Infektionen bei alleinstehenden Männern verdeutlicht das Übertragungs- und Ansteckungsrisiko zusätzlich. Der infizierte Mann verliert möglicherweise tatsächlich die Viren nach einiger Zeit wieder, aber er kann bis dahin durchaus seine Partnerin(nen) oder den Partner erfolgreich angesteckt haben.
Jeder zweite Mann birgt der Studie zufolge ein erhöhtes Infektionsrisiko für Sexualpartner. Darüber hinaus bieten nicht allein nur der ungeschützte Geschlechts- oder Analverkehr ein Ansteckungsrisiko. Als sexuell übertragbare Erreger gehen die HPV ebenso beim Oralverkehr vom Penis auf die Mund- und Rachenschleimhaut über. Bei Immunschwäche, anderen Koinfektionen, chronischen Entzündungen oder einfach einer ungenügenden Immunantwort auf das Virus, kann sich dieses in den Schleimhautzellen festsetzen und im ungünstigen Fall und je nach HPV-Typ über Jahre hinweg sogar Krebs auslösen.
Fazit
Genitale HPV-Infektionen finden sich bei bis zu 45 Prozent der Männer im sexuell aktiven Alter. Damit stellt der Mann einen ganz entscheidenden Ansteckungsfaktor für diese sexuell übertragbaren Erreger dar. Insbesondere die HPV-Hochrisiko-Typen können bei Mann und Frau verschiedene genitale und extragenitale Tumoren auslösen.
Die verfügbaren 2-, 4- und 9-fach-Impfstoffe schützen vor der Infektion mit einer Reihe solcher krebsauslösender HPV. Sexualität ist in erster Linie schleimhaut- und feuchtebezogen; ein Kondom kann deshalb je nach angewendeter Sexualpraktik nicht hundertprozentig vor einer Ansteckung schützen. Die HPV-Impfung jedoch schützt, wie in Studien belegt, nahezu zu 100 Prozent vor einer Ansteckung mit den Impfvirus-Typen; und zwar dann Frauen und Männer gleichermaßen.
Originalpublikation:
Prevalence of Genital Human Papillomavirus Infection and Human Papillomavirus Vaccination Rates Among US Adult Men Jasmine J. Han et al.; JAMA Oncology, doi:10.1001/jamaoncol.2016.6192; 2017