Wer die Homöopathie der Schulmedizin vorzieht, soll das gerne tun. Es ist nicht meine Aufgabe, meine Kunden zu missionieren. Was dennoch wie ein Scherz klingt: ein Homöopathischer Notdienst. Wo der Spaß aufhört: wenn so kranke Kinder mit starken Schmerzen behandelt werden.
Ja, es gibt ihn wirklich
Es klingt wie ein Scherz und ehrlich gesagt habe ich erstmal lachen müssen, als ich darauf gestoßen bin, aber es gibt ihn wirklich: den homöopathischen Notdienst. An ihn kann man sich immer wenden, wenn einem etwas Schlimmes widerfährt. Ein Team aus hochqualifizierten Heilpraktikern nimmt sich dann des Problems an.
Ich bin kein eingefleischter Globuli-Gegner
Normalerweise hätte ich in mich rein gegrinst, das Thema aber nicht im Blog besprochen. Ich will nicht, dass der Eindruck entsteht, ich sei ein eingefleischter Gegner dieser „Glaubensrichtung“ – jedem das Seine. Ich verkaufe auch Homöopathisches, ohne mit der Wimper zu zucken, denn mit den Gläubigen zu diskutieren, ist meist sinnlos. Wer meint es hilft ihm, der soll es nehmen, Placebowirkung wird das immerhin schon haben. Wer das für sich als mündiger Erwachsenener entscheidet, hat meinen Segen.
Wo der Spaß für mich aufhört
Was aber gar nicht geht ist, wenn man kranke Kinder, die Schmerzen haben, auf diese Weise behandelt. Da schwillt mir der Kamm und mein erstes Grinsen beim lesen der Berichte dieses Notdienstes ist echter Bestürzung und Wut gewichen, während ich folgendes lesen musste:
„Es ist noch sehr früh am Morgen. Eine aufgeregte Mutter ruft an. Ich kann sie kaum verstehen, da ein Kind im Hintergrund kreischt und weint. Der Tochter, 5 Jahre, geht es sehr schlecht. Sie hat eine Mittelohrentzündung mit Wasseransammlungen im Ohr. Auch eine Gehörgangsentzündung ist jetzt dazugekommen. Sie waren gestern beim Arzt, welcher Antibiotika mitgegeben und dringend geraten hat, diese auch zu nehmen. Sie will es aber erstmal homöopathisch versuchen. Die Mutter erzählt, während sie parallel versucht, das Kind zu beruhigen. Vor einer Woche fing es mit einer Erkältung und Halsschmerzen an. Dann kam die Mittelohrentzündung dazu, welche, wie man hört, sehr schmerzhaft zu sein scheint. Die Kleine hält sich die ganze Zeit das Ohr und will nicht zulassen, dass irgendjemand nur in die Nähe des Ohres kommt. Einziger Verbündeter scheint ihr Kuscheltier zu sein, das sie ununterbrochen an ihr Ohr presst. Verordnung: Hepar sulfuris.“
Unterlassene Hilfeleistung
Die verdammte Pflicht – nicht nur der Mutter, sondern auch des Heilpraktikers – wäre es gewesen, das Kind adäquat zu behandeln. Dazu gehört für mich vor allem ein Schmerzmittel und das verordnete Antibiotikum. Das, was da passiert ist, grenzt für mich an unterlassene Hilfeleistung! Es geht noch weiter:
„Viele Anrufe später meldet sich die Mutter des leidenden Kindes mit der Mittelohrentzündung wieder. Ihrer Tochter geht es wieder gut. Sie hat sich beruhigt, möchte jetzt zur Mutter auf den Arm. Auch bedeckt sie ihr Ohr nicht mehr mit ihrem Kuscheltier. Kurz nach der Mittelgabe bekam sie eine verstopfte Nase mit grünlichem Rotz. Auch aus dem Ohr läuft etwas klebrige Flüssigkeit“.
Manchmal gibt es keine Alternative
Das Trommelfell ist wohl perforiert und der Druck daher weg, der Schmerz erst einmal erträglicher. Wie Hohn klingen die abschließenden Worte:
„So geht das Wochenende für mich zu Ende. Ich habe viele neue Fälle, Geschichten und Menschen im Kopf, bin müde, aber glücklich, mit meinem Rat einigen geholfen zu haben. [...] Der homöopathische Notdienst ist eine gute Alternative, aber auch Begleitung zur Schulmedizin. Wir achten sehr darauf, in kritischen Lagen die Schulmedizin hinzuzuziehen.“
Das geht gar nicht. Hier geht es um Heilpraktiker, die Notarzt spielen und ganz offenbar ihre Grenzen nicht kennen.