Warum überhaupt?
Gute Frage! Und, wie immer bei solchen Fragen, ist die Antwort nicht einfach.
Obwohl, wie man auf die Idee kommt, ist wahrscheinlich nicht so schwer: wer hat denn nicht mal darüber nachgedacht, einfach die Sachen zu packen und zu verschwinden?
Meine besten Freundinnen und ich haben im Studium Stunden damit verbracht, uns auszumalen, wie wir erst unsere Bücher aus dem Fenster werfen und dann hinterher springen und an einem warmen Ort mit weißen Stränden ein neues Leben als Barkeeper beginnen. Oder als Perlentaucher. Oder Yak-Hirte.
Und auch später kommen sie, diese Murmeltier-Tage, an denen man schon beim Augenaufschlag weiß: das wird wieder SO ein Tag.
Warum man es tatsächlich macht, ist dann wahrscheinlich doch komplizierter.
Denn ich mag meinen Job. Ich bin gerne Allgemeinmediziner, trotz endlosem Papierkram, anstrengenden Nachtschichten und Schnupfen-Epidemien. Ich mag meine Kollegen und auch die meisten Patienten. Ich bin zu jung für eine Midlife-crisis und zu faul für ein Burnout (dixit Beste Freundin).
Ich mag nur keine Routine, und ich bin geradezu krankhaft neugierig. Und ich weigere mich, mir einreden zu lassen, mit dem Doktortitel sei der Spaß vorbei (weil wir ja das Leben derart in vollen Zügen genossen haben während dieses nicht enden wollenden Studiums, dass wir gar nicht mehr wussten, was wir mit der ganzen Freizeit anstellen sollten) und der Sinn und Ernst des Lebens bestünde darin, sich jetzt festzulegen, wie das Leben bis zur Rente auszusehen habe. Ah, und darin, Enkelkinder in die Welt zu setzen, nicht zu vergessen.
Natürlich kann man vernünftig sein, sich erstmal etwas aufbauen, Sicherheiten schaffen etc... wenn der Brief aus Hogwarts schon nicht kam, und niemand Anstalten macht, einem ein magisches Zeichen auf die Tür zu zeichnen.
Oder man ignoriert tapfer die tickende biologische Uhr, die ersten grauen Haare und sämtliche Unkenrufe und zieht los.