Ich komme irgendwie nicht mehr aus der Rezeptur raus. Jeden Morgen wenn ich komme, liegen schon zwei oder drei neben der Waage, die vom Vorabend warten. Im Laufe des Tages kommen dann noch fünf oder sechs hinzu. Das Herstellen geht ja eigentlich schnell, nur die Dokumentation nimmt immer so viel Zeit in Anspruch.
Und bei zwei von drei Rezepturen steht keine Gebrauchsanweisung dabei und ich muss wieder telefonieren. Das hinterhertelefonieren kostet mich wirklich Nerven. Besonders erfreulich ist es dann auch von der MFA angefahren zu werden, dass sie gesetzlich nicht verpflichtet seien, eine Gebrauchsanweisung aufzuschreiben. Doch. Das sind sie.
Häufig muss ich auch wegen zu vielen „aut idem-Kreuzen“ zum Hörer greifen; wegen Medikamenten, die nicht lieferbar sind, dann müssen wir mit dem Arzt eine Alternative suchen; wegen Arzneimitteln, die Talkum/Lactose/Fructose oder andere Inhaltsstoffe enthalten, die der Kunde nicht einnehmen möchte; wegen fehlender Vornamen/Ausstellungsdaten/Telefonnummern/Unterschriften/Arztstempeln/Diagnosen oder anderem Käse; wegen geänderten Rabattverträgen im neuen Quartal ... und, und, uns ...
Einfach mal abgeben, was auf dem Zettel steht
Gründe lassen sich für alles finden und bei uns laufen die Drähte heiß. Wer wünscht sich nicht die Zeiten zurück, in der man einfach abgeben konnte, was auf dem Rezept steht? Besonders dann wenn der Patient vor uns steht, uns das Rezept in die Hand drückt und nach zwei Sekunden fragt: „Haben Sie alles da?“ An dieser Stelle würde ich manchmal gerne in hysterisches Lachen ausbrechen.
Ohne alles einzutippen und so die 1000 geforderten Voraussetzungen auszutesten, die verlangt werden, kann das niemand mehr sagen. Nett sind auch Kunden von folgender Fraktion: „Was dauert denn da so lange Frollein? Der Bus kommt gleich, ich habs eilig!“ Ich habe heute geantwortet: „Das sind alles Verbandstoffe und Pflegehilfsmittel. Ich muss bei jedem Einzelnen abklären, ob wir dem gesonderten Vertrag mit ihrer Krankenkasse beigetreten sind. Wenn es Ihnen zu lange dauert, kann ich nur vorschlagen, dass der Boten Ihnen die Sachen heute Abend bringt. Ansonsten muss ich Sie bitten, ein andermal wieder zu kommen wenn sie mehr Zeit haben.“
Ein kleiner Fehler und mein Chef bekommt nix zurück
Der Kunde hatte auf einmal doch Zeit. Ich weiß, das hätte auch anders ausgehen können, aber unter Zeitdruck kann ich solche Rezepte nicht mehr bearbeiten, dafür sind die Krankenkassen mit ihren Retaxationen einfach zu schnell bei der Hand. Mein Chef bekommt dann – für korrekt ausgelieferte Dinge, die genauso vom Arzt verordnet wurden – aufgrund eines Formfehlers nichts. Null. Rien. Niente. Nothing.
Und die Retaxen kommen zum Teil viele Monate später, manchmal sogar für Dinge, die wir extra beantragt und sogar genehmigt bekommen hatten. Es ist zum Heulen!