Es gibt manchmal Tage, die sind irgendwie anstrengender als andere. Meistens sind es Freitage. Zunächst kam ein Anruf von einem Herren, der einfach nicht begreifen wollte, dass manche Tierarzneimittel ausschließlich über Tierärzte vertrieben werden und man sie nicht über Apotheken beziehen kann.
Nein, auch dann nicht, wenn man sie im Internet bei Amazon findet. Nein, wirklich nicht. Auch nicht nächste Woche!
Dann kam ein Kunde mit einem Rezept über drei verschiedene Hilfsmittel. Einmal Kompressen und zwei verschieden große sterile Wundauflagen. Zunächst gab es eine Diskussion über die Menge der Mullkompressen.
„Was? 50 Stück hat er aufgeschrieben? So viele brauche ich niemals! 20 Stück reichen völlig aus, denke ich.“
„Es gibt entweder zehn Stück oder dann 50 Stück. Eine Zwischengröße gibt es leider nicht.“
„Aber was soll ich denn mit so vielen? Geben Sie mir einfach 2x10, ja?“
„Das geht nicht, weil 2 x 10 teurer sind als 1 x 50. Das zahlt die Krankenkasse nicht.“
„Das ist aber doof. Können Sie nicht einfach 20 rausholen und dann einfach weniger berechnen?“
„Nein, das kann ich nicht. Wer zahlt mir dann außerdem noch Geld für die angebrochene Packung?“
„Naja ... was steht denn da noch? Was? Drei Positionen? Ich hab doch so viel Zeug zu Hause, für was ist das denn alles?“
„Ich nehme an, Sie haben zwei Wunden, die versorgt werden müssen?“
„Ja, in der Klinik sind mir zwei Sachen rausgeschnitten worden.“
„Na, bitte. Eine kleine sterile Wundauflage ist dabei für die kleine Wunde, und eine große sterile für die große Wunde. Dann sind da noch die Kompressen – ich nehme an, zum Abpolstern und zum Aufsaugen von Wundsekreten.“
„Ja, aber drei Sachen?“
„Ja.“
„Brauche ich die denn alle?“
Ganz ruhig bleiben, gleich gibt er sicher Ruhe
Ommmm ... ich wiederhole langsam und in etwas tieferer Stimmlage das Gesagte.
„Ich verstehe trotzdem nicht, warum er so viele Sachen aufgeschrieben hat. Ich hab doch noch so viel zuhause.“
„Wissen Sie was? Ich rufe beim Arzt an, der kann uns das sicher erklären.“
Noch eine einzige Frage zum Sinn dieses Rezeptes hätte mich dazu gebracht, meinen Kunden zu fragen, ob ich eigentlich Thai spreche. Ich gab also die Last der Erklärung an den Arzt zurück.
Zum Glück war der auch schnell am Telefon und klärte mich darüber auf, dass der Patient zwar einiges Verbandmaterial sein Eigen nennt, dass die häuslichen Vorräte aber allesamt unpassend für die Art der Wunden sei und obendrein seit Jahren verfallen. Die verordneten drei Positionen seien für den Verbandwechsel in der Klinik am Montag gedacht und für die häusliche Pflege am Mittwoch. Ich gab das so an unseren kopfschüttelnden Kunden weiter.
Der winkte gleich ab „Neiiiin! Am Montag hab ich doch keinen Termin in der Klinik, sondern beim Doktor hier!“
„Nun der hat mir gesagt, Sie hätten den Termin in der Klinik, und er war da sehr sicher.“
„Ach, was, nein. Aber sagen Sie mal ganz ehrlich selbst: Finden Sie drei Sachen nicht auch zu viel?“
Um mich nicht wie das Rumpelstilzchen in der Mitte durchzureißen und im Boden zu versinken, musste ich im Geiste einiges an Konzentrationsübungen machen. Doch es war noch nicht vorbei.
Verstopfung – und das seit etlichen Stunden
„Guten Tag, Vorstadtapotheke, Ptachen am Telefon – was kann ich für Sie tun?“
„Guten Tag, Frau Müller hier. Hören Sie, ich habe Verstopfung. Was kann ich denn dagegen tun?“
„Zunächst einmal müssen wir herausfinden, woran es liegt, um die beste Therapie zu finden. Trinken Sie genug den Tag über? Und wie sieht es mit der Bewegung aus und den Ernährungsgewohnheiten? Wie lange besteht die Verstopfung denn schon?“
„Ja, ich weiß. Seit ich so stark erkältet bin, bewege ich mich zu wenig. Normalerweise habe ich da auch nicht so Probleme. Aber das letzte Mal war ich heute früh auf der Toilette.“
„Heute früh? Mit normalem Stuhlgang?“
„Ja. Schon. Aber das war ja gegen 7:30 Uhr. Jetzt ist es ja schon fast wieder 17 Uhr!“
„Wissen Sie, das ist eigentlich völlig normal. Wenn Sie jetzt drei oder vier Tage keinen Stuhlgang gehabt hätten ...“
„Für mich ist das aber nicht normal. Ich gehe alle acht Stunden auf die Toilette. Jeden Tag und immer. Aber heute nicht. Ich will etwas nehmen. Ehrlich gesagt, habe ich auch was genommen, aber es hilft einfach nicht!“
„Was haben Sie denn eingenommen und wann?“
„Ich habe einen Beutel Macrogol von meiner Mutter genommen. Vor zehn Minuten, aber es hilft einfach nicht!“
Kurz vor dem Verzweifeln
Ich erkläre der guten Frau die Wirkweise von Macrogol: nämlich Wasser im Darm quasi „festzuhalten“, um damit die Stuhlmenge zu erhöhen und aufzulockern. Das dauert aber nun einmal länger als 10 Minuten, nämlich 24 bis 48 Stunden.
Immerhin schaffe ich es, sie so weit zu beruhigen, dass sie nicht gleich nochmal etwas nachwirft, sondern bis Samstag abwartet.
Freitage, wie ich sie liebe.