Erstaunt stellt man fest, dass hin und wieder zwei Narzissten gemeinsame Sache machen. Dahinter steckt nicht Sympathie, sondern kaltes Kalkül.
Gerade bin ich über einen Artikel auf Spiegel Online gestolpert. In diesem wird über die neuen und seltsam "freundschaftlichen" Töne gerätselt, die derzeit zwischen Donald Trump und Julian Assange herrschen. Überrascht hat mich dieser Sachverhalt ehrlich gesagt nicht.
Ich nenne so etwas eine "narzisstische Allianz".
Ob in Politik, Wirtschaft, Sport oder unter ganz alltäglichen Umständen können wir beobachten, dass sich zwei zusammentun, die eigentlich gar nicht zueinander passen. Ehrlicherweise müssten die beiden zugeben, dass sie nichts voneinander halten, sich sogar verachten und geringschätzen. Es gibt aber gewisse Umstände, die dazu führen, dass zwei Narzissten sich zusammenfinden und nicht gegeneinander, sondern miteinander agieren.
Das hat natürlich nichts mit Gesinnungswandel zu tun, weit gefehlt. Solche Allianzen haben nur einen Zweck: Einen Erfolg zu erzielen, der beiden hilft und für dessen Erringung der eine Narzisst den anderen brauchen kann.
Denn das ist ja das Wesen des Narzissmus: Alles und alle werden dem eigenen Willen und dem eigenen Vorteil untergeordnet. Dem Narzissten mangelt es an Empathie, nicht aber an Cleverness. Und so sucht man sich seinen Mitstreiter nicht danach aus, ob er einem sympathisch ist, sondern danach, ob er einem nützen kann.
In diesen Wochen und Monaten können wir gerade im politischen Bereich eine Menge narzisstischer Allianzen bestaunen. Da die Politik nicht die Sache der Schräglage ist und nicht nur dort solche "narzisstischen Allianzen" vorkommen, sei jeder aufgerufen, in seiner eigenen Erfahrung nach ähnlichen Konstellationen zu suchen.
Beitragen möchte ich hingegen noch ein serbisches Märchen: Stojscha und Mladen. Der nach dem Tod seines Vaters geborene Königssohn Stojscha erfährt von seiner Mutter, dass er drei Schwestern habe, die allesamt beim ersten Verlassen des Schlosses geraubt worden seien. Stojscha beschließt, die Schwestern zu suchen. Er findet sie alle drei nach langer Wanderschaft. Jede einzelne wurde von einem Drachen entführt. Stojscha besiegt im direkten Duell jeden der Drachen, lässt aber alle am Leben, woraufhin er von jedem der Drachen zu einer einwöchigen Feier eingeladen wird. Bei einem der Drachen entdeckt Stojscha eine tiefe Erdhöhle und erfährt, dass in regelmäßigen Abständen der Drachenkaiser Krieg gegen die drei Drachen führe. Nachdem der Kaiser jeden dieser Kriege gewonnen habe, bleibe den Drachen nur die schmähliche Flucht in die Erdhöhle. Daraufhin macht sich Stojscha auf, den Drachenkaiser zu bekämpfen. Nach langem und zähem Ringen müssen beide erkennen, dass sie sich nicht besiegen können. Der Drachenkaiser Mladen und der Königssohn Stojscha verbünden sich und beschließen, die drei Drachen gemeinsam zu bekämpfen und zu vernichten. Stojscha bringt seine drei Schwestern nach Hause und der Drachenkaiser bekommt die Schätze der Drachen.
Die besondere Wendung, dass sich der Held des Märchens mit dem Anti-Helden verbündet, nachdem er ihn nicht besiegen kann, hat mich schon beim ersten Lesen überrascht und fasziniert. Vielleicht ist das ja der Grund, warum mich alle weiteren narzisstischen Allianzen im realen Leben nicht mehr verwundern.
Peter Teuschel
Wer das ganze Märchen nachlesen möchte: Bitteschön. :)