Die Vorstellung, dass wir amputierte Körperteile in Zukunft nachwachsen lassen könnten, ist ebenso faszinierend wie zweifelhaft. Doch einige Lebewesen besitzen diese Fähigkeit. Forscher bemühen sich, deren Geheimnis zu lüften.
Verliert ein Säugetier ein Körperglied bildet sich Narbengewebe und ein Stumpf bleibt zurück. Im Unterschied dazu ist beispielsweise der Salamander dazu befähigt, ein nahezu perfektes Replikat des verlorenen Originals neu wachsen zu lassen. Ein Ziel der Regenerationsmedizin ist die Erforschung des verantwortlichen Mechanismus, um ihn für den Menschen einsetzbar zu machen.
Bekannte Baumeister
Neben dem Salamander, der nicht nur Extremitäten, sondern auch Teile von Organen wie Herz, Gehirn oder Niere regenerieren kann, gibt es noch weitere Lebewesen, die in der Lage sind, Körperteile neu zu bilden.
Zebrafische regenerieren Gewebe des Herzens und Eidechsen bilden ihren Schwanz neu (dieser besteht allerdings vollständig aus Knorpel und nicht, wie das Original, aus Knochen). Auch unter den Säugetieren gibt es Vertreter, die geschädigte Teile des Körpers wiederaufbauen können. So wachsen Stachelmäusen Haut und Haarfollikel sowie Teile der Ohren wieder nach.
Außerdem konnten Forscher demonstrieren, dass neugeborene Labormäuse befähigt sind, Herzmuskelzellen zu regenerieren. Dieses Können geht jedoch nach nur sieben Lebenstagen verloren. Erwähnenswert ist zudem der Hirsch, der abhängig von verschiedenen Parametern, wie Hormonen oder Umwelteinflüssen, sein aus Knochen bestehendes Geweih Jahr für Jahr neubilden kann.
Es ist in einzelnen Fällen auch bekannt, dass sogar bei Menschen, speziell bei Kindern, die komplette Fingerspitze nachwachen kann. Mit zunehmendem Alter allerdings setzt die Regression dieser Fähigkeit ein.
Nach Annahme der Forscher basiert der Mechanismus, der dem Prozess der Regenerierung zugrunde liegt, auf der Dedifferenzierung von Zellen, also der Rückentwicklung von Zellen wie Fibroblasten und Muskelzellen in einen embryonalen Status. Darauf folgt der Wiederbeginn der Zellteilung und die Bildung eines Blastems: eine Zellmasse, die imstande ist, Organe oder Körperteile zu regenerieren.
Ein kurzer Blick in die Zukunft
Die genauen zellulären Vorgänge des Regenerierungsprozesses sind jedoch noch weitestgehend unbekannt. Forscher arbeiten an der Identifikation von Genen und Proteinen, die während der Regenerierung von Gliedmaßen oder Organen aktiviert werden. Der nächste Schritt wäre der Einbau dieser Gene in das Genom der Säugtiere. Die Herausforderung: Während die Extremität eines Salamanders vorwiegend aus Knorpel besteht, wird das menschliche Bein vor allem aus Knochen gebildet.
Aber neue Forschungsansätze gibt es bereits. Neben der Stammzellforschung wird sich außerdem die Bioelektrizität des Körpers zu Nutze gemacht. Diese noch etwas umstrittene Methode beruht auf den zellulären Ionenströmen und den dadurch entstehenden Spannungsgradienten über die Zellmembran. Die Forscher auf diesem Gebiet postulieren, dass die Regeneration von Körperteilen durch Elektrizität induziert werden kann.
Ziel der Forscher ist es, die Signalwege und Mechanismen aufzudecken, die bei Organismen wie Salamander, Maus oder Hirsch im Prozess der Regenerierung involviert sind. Vielleicht kann man diese dann eines Tages im Menschen aktivieren.
Quelle: © Sujata Gupta, doi:10.1038/540S58a