Der Tag beginnt mit der Visite auf der Intensivstation, gefolgt von der Visite auf der normalen Bettenstation. Die Visite ist logischerweise etwas verkürzt am Wochenende, es gibt weniger Personal, nicht notfallmässige oder total wichtige Abklärungen werden auf Montag verschoben.
Das vereinfacht einerseits das Ganze, andererseits darf man bei einer abgespeckten Visite natürlich auch nichts übersehen. Die Station ist voll, Gott sei Dank keine Katastrophen. Alle stabil, schmerzarm bis schmerzfrei und soweit versorgt.
Währenddessen türmen sich die PatientInnen in der Notaufnahme. Eine Magen-Darm-Grippewelle scheint die Stadt zu überfallen. Jede zweite Person mit Bauchweh scheint davon betroffen zu sein. „Aber was hab ich denn nun? Waaaas, nur eine Magen-Darm-Grippe? Nichts zu operieren?“ – „Ja, seien Sie froh darüber!“. Naja, ein bisschen anders habe ich es formuliert.
Missverständnisse aufklären
Die Zeit vergeht wie im Flug, es ist Mittag, ein paar Patienten müssen noch visitiert werden. „Frau Menschenhandwerkerin, am Freitag kam noch ein Herr Doktor und hat mir erklärt, dass ich nächste Woche ZWEIMAL operiert werden müsse! Einmal an der Schulter, und zwei Tage später an der Hüfte!“
Ich lese in der Kurve nach, hm, es ist nur von einem Eingriff die Rede, zwei Operationen so kurz hintereinander machen keinen Sinn. Vor allem handelt es sich bei einer der beiden Operationen um einen elektiven Eingriff. Das erkläre ich dem Patienten und er fügt am Ende des Gesprächs noch an, dass nicht er, sondern die am Freitag anwesende Schwiegermutter das so verstanden habe. Seine Frau fällt uns ins Wort: „Habe ich dir doch gesagt, dass die nur Blödsinn redet!“
In Ruhe essen ist nicht drin
Wäre das also auch geklärt. Nachmittags setze ich mich kurz ins Kaffeezimmer und schlinge mein Essen in maximal zehn Minuten runter, bevor es wieder auf die Notaufnahme geht. Während ich hastig esse, denke ich mir, dass ich genau das Gegenteil von dem mache, was ich sonst den PatientInnen rate: Ausgewogen ernähren, in Ruhe essen, Stress reduzieren.
Aber ich bin jung und halte das aus. Der Job macht ja Freude. Nach 12 Stunden Dienst kehrt Ruhe ein, die Verwandten und Bekannten machen sich auf den Nachhauseweg, die Notaufnahme ist leer. Zuhause angekommen, werden noch ein paar Telefonate geführt, anschließend bleibt es ruhig und ich kann die Nacht durchschlafen. Bis am nächsten Morgen der Wecker wieder klingelt.