Einmal da war ich der Wochenenddienst und musste auf Intensivstation mithelfen. „Und dann veranlassen sie noch Frau Ampzells Verlegung in die Uniklinik rechts von Beteigeuze“, sagte mein Oberarzt mit sonorer Stimme. „Frau Ampzell ist da schon angemeldet. Station Doppel Z, Gebäude 4. Ergänzen sie den Verlegungsbrief ihrer Kollegin und organisieren sie die Fahrt!“
Zack, ließ er mich alleine, der Oberarzt. Als Anfängerarzt hängt man nun nicht so oft auf der Intensivstation ab und fühlt sich da auch nur so mittelprofessionell, aber die Verlegung würde ich schon hinkriegen.
Ich kritzelte noch etwas im Verlegungsbrief herum und rief dann motiviert die Leitstelle an: „Ich wolle heute eine Patientin mit Intensivtransport und Notarzt in die Uniklinik rechts von Beteigeuze verlegen lassen, Station Doppel Z, Gebäude 4.“ – „Hmhm“, sagte die Leitstelle, „mit Notarzt?!“
„Jop!“ – „Also Sie wissen ja, es ist Wochenende ...“ – „Jaaaa?“
„Es gibt gerade nur einen Notarzt in der Gegend. Wenn wir den nun mitschicken, dann gibt es hier keinen Notarzt mehr.“ – „Ernsthaft?!“
„Aber“, sagte der Leitstellenmensch nun erfreut, „warum verlegen Sie ihre Patientin nicht einfach mit dem Hubschrauber?!“
„Ja neee, das ist zwar eine Notfallverlegung, aber keine Notfall-Notfall-Verlegung.“ – „Aber der einzige Notarzt hier ist beschäftigt!“
Unsicher, ob ich jetzt tatsächlich einen Hubschrauber herbeiordern oder doch lieber die Notfallversorgung der Region für einige Stunden lahmlegen sollte, fragte ich bei meinem Oberarzt nach. „NEIN! DAS IST VIEL ZU TEUER!“, rief der Oberarzt in sein Telefon.
„Gar nicht wahr“, sagte die Leitstelle, „nur ein bisschen teurer. Und denken Sie an den einzigen Notarzt!“ – „Jaaaa, okay“, sagte mein Oberarzt.
„Juhu!“, erklärte die Leitstelle, „also wie heißt die Patientin? Wo soll sie hin? Wie schwer ist sie?“
„Keine Ahnung, wie schwer sie ist“, sagte ich und blätterte mich durch alle Akten. Dort wurde das Gewicht der Patientin konsequent verschwiegen.
Dann ging ich nochmal rein zur Patientin und schaute ungutes ahnend auf deren Körper, der sich berggleich unter der Decke wölbte. Dann fragte ich die Schwester, ob wir die Patientin wiegen könnten. „Spinnst du?!“, sagte die Schwester. Ich stimmte ihr zu. Die Patientin befand sich aktuell in einem kartoffelsackähnlichen bewusstlosen Zustand.
Wir beschlossen zu schätzen: „Hm, was meinst du, Schwester, eher so mehr oder weniger als 120 kg?“ – „Mehr, definitiv mehr.“
„Naja“, sagte da die Leitstelle enttäuscht. Das wäre dann definitiv zu schwer für den Hubschrauber. Dann besorgte sie mir resigniert einen weiteren Notarzt, sodass meine Patientin verlegt werden konnte, sogar ohne die restliche Notfallversorgung in Beteigeuze lahmzulegen.
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