Großbritannien würdigt die Bedeutung öffentlicher Apotheken. Der National Health Service (NHS) will 47 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung stellen, um neue Services aufzubauen. Ziel sei es, Apothekern mehr Verantwortung zu übertragen. Davon könnte Deutschland viel lernen.
Während Bundesgesundheitsminister beim Thema Medikationsplan nur Leistungen für Ärzte vergütet, setzt Großbritannien klar auf Apotheker. Ein Modellprojekt des National Health Service (NHS) hatte ergeben, dass enge Kooperationen zwischen Arzt und Apotheker die Versorgung verbessern können. Der Ansatz überrascht aus deutschem Blickwinkel: Rund 500 Pharmazeuten wurden direkt in Praxen oder Pflegeheimen angestellt. Dabei verbesserte sich die Medikation deutlich.
Grund genug für den NHS, umgerechnet 47 Millionen Euro für weitere Projekte bereitzustellen. Einer Mitteilung zufolge sei das Ziel, neue Serviceangebote zu etablieren. Digitale Technologien sollen ebenfalls ausgebaut werden. Ziel von Gesundheitspolitikern ist, dass mehr Patienten in den Genuss apothekerlicher Beratungsleistungen kommen. Gleichzeitig wollen sie Hausärzte und Notaufnahmen entlasten. Keith Ridge vom NHS sagt, es gebe keinen Zweifel, dass sich die Arbeit von Präsenzapotheken verändern müsse. Ziel ihres Verbands sei, Pharmazeuten mehr Verantwortung im Gesundheitswesen zu übertragen. Die Expertin berichtet von umfangreichen Plänen. Im ersten Schritt sollen Apotheker Fortbildungsveranstaltungen besuchen. Anschließend dürften sie in Abstimmung mit Hausärzten Medikamente selbst verschreiben. Zum Hintergrund: Das britische Gesundheitssystem hat nicht nur – wie Deutschland auch – mit zahlreichen multimorbiden Patienten zu kämpfen. Versicherte mit Bagatellerkrankungen überschwemmen Arztpraxen, und lange Wartezeiten sind die Folge. Der NHS versucht jetzt, Routinevorgänge wie Folgeverordnungen stärker auszulagern. An Vergütungen denken Gesundheitspolitiker ebenfalls.
Zurück nach Deutschland. Bei uns setzen Apotheker auf ARMIN, die Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen. Nach dem Start am 1. April 2014 konnten die Module Wirkstoffverordnung und Medikationskatalog zum 1. Juli 2014 umgesetzt werden. Zum 1. Juli 2016 haben Entwickler auch das Medikationsmanagement erfolgreich integriert. Die Vertragslaufzeit ist bis 2018 angesetzt. Bei guter Evaluation halten die Vertragspartner eine Überführung der Inhalte in die Regelversorgung für denkbar: zumindest ein Silberstreif am Horizont.