Das Psychisch-Kranken-Gesetz (PsychKG) regelt auf Länderebene die Unterbringung von psychisch kranken Menschen in einer psychiatrischen Fachklinik bei akuter Eigen- oder Fremdgefährdung. Greift das Gesetz zu kurz?
Droht ein psychisch Kranker damit, sich oder andere umzubringen, ist die Situation einfach: Aufgrund der Eigen-, respektive Fremdgefährdung erlaubt das Gesetz, ihn auch gegen seinen Willen in einer geschlossenen psychiatrischen Abteilung unterzubringen.
Freiheit über Urteilsfähigkeit
Anders sieht es aus, wenn der Patient „nur” an einer akuten Psychose leidet, die zwar aus medizinischer Sicht dringend behandlungsbedürftig ist, er jedoch aufgrund der Natur seiner Erkrankung (Wikipedia definiert „Wahn“ als eine die Lebensführung behindernde Überzeugung, an welcher der Patient trotz der Unvereinbarkeit mit der objektiv nachprüfbaren Realität unbeirrt festhält) keine Krankheitseinsicht zeigt und daher jegliche Behandlung ablehnt. In diesem Fall wertet der Gesetzgeber die Freiheit des psychisch Kranken zur Krankheit trotz der Störung der Urteilsfähigkeit als höheres Rechtsgut ein, als die Notwendigkeit, den Menschen vor sich selbst zu schützen. In diesem Fall bleibt nur der Umweg über die Einrichtung einer Betreuung für die Gesundheitsfürsorge und das Aufenthaltsbestimmungsrechts, welche – sofern das Gericht die Angelegenheit nicht als eilig einstuft – sechs bis acht Wochen in Anspruch nehmen kann.
In einem aufwendigen Gerichtsverfahren, welches unter anderem ein Sachverständigengutachten beinhaltet und die Rechte des Betroffenen schützen soll, wird dann ermittelt, ob die Voraussetzungen für die Anordnung einer Betreuung gegeben sind.
Zähe Wochen für Patient und Angehörige
In dieser Zeit leiden nicht nur der Patient, sondern auch seine Angehörigen und seine Umwelt teils erheblich. Auch liegt es im Wesen der Psychose, dass sich Suizidalität und aggressives Verhalten jederzeit und nicht immer rechtzeitig erkennbar entwickeln können. Ein Patient mit Paranoia kann sich so bedroht fühlen, dass er, ohne auf den Verkehr zu achten, auf die Straße flüchtet und einen Unfall verursacht oder beginnt, sich gegen vermeintliche Feinde zur Wehr setzt. Versuche, ihn dazu zubewegen, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, sind in der Regel fruchtlos und können sogar dazu führen, dass bisherige Vertrauenspersonen aus Sicht des Kranken in Verdacht geraten, an der vermeintlichen Verschwörung beteiligt zu sein.
Die rechtliche Möglichkeit, auf dem Weg einer einstweiligen Anordnung eine vorläufige Betreuung einzurichten, deren Rechtmäßigkeit dann im Nachhinein geklärt wird, ist im Einzelfall schwer zu erreichen, da eindeutig belegt werden muss, dass Gefahr im Verzug ist, was nicht immer einfach ist und juristisch gegebenenfalls anders beurteilt wird als medizinisch oder persönlich-menschlich. Und selbst wenn eine Betreuung für die Gesundheitsfürsorge und das Aufenthaltsbestimmungsrecht eingerichtet wird, muss eine geschlossene Unterbringung und Behandlung gegen den Willen des Patienten richterlich genehmigt werden, was ohne Fremd- oder Eigengefährdung weiter ungewiss ist.
Dabei ist die Eigengefährdung vielleicht nicht immer eine körperliche, wohl aber eine psychische und soziale, da eine Paranoia zur Isolierung des Betroffenen führen kann.
Entscheidung zum Wohle des Patienten?
Aus meiner Sicht ist es jedenfalls problematisch, wenn jemand, dessen Urteilsvermögen bezüglich seiner gesundheitlichen Situation klar eingeschränkt ist, darüber entscheiden darf, ob er sich behandeln lässt oder nicht, da man in aller Regel davon ausgehen kann, dass er ohne Psychose anders entscheiden würde.
Wäre es hier nicht besser und zum Wohl des Patienten, wenn man im zu vermutenden Sinne seines klaren Verstandes handeln würde und ihn auch gegen seinen Wunsch sicher unterbringt und therapiert?