Es gibt mehr als 100 verschiedene rheumatische Erkrankungen. Gegen einige Formen von Rheuma sind derzeit keine Medikamente zugelassen, so zur Behandlung der schmerzhaften Kollagenosen oder der Vaskulitiden, der entzündlichen Erkrankung des Bindegewebes und der Blutgefäße. Dank intensiver Forschung können diese Patienten allerdings auf neue Medikamente hoffen.
Rheuma greift nicht nur Gelenke, sondern auch Organe, Gewebe, Blutgefäße und sogar die Haut an. Bei den Kollagenosen, wie Lupus erythematodes (SLE) oder dem Sjögren-Syndrom erkrankt das Bindegewebe. Vaskulitiden greifen die Blutgefäße an. „Während gegen Gelenkrheuma wirksame Medikamente verfügbar sind, ist die medikamentöse Therapie von Kollagenosen und Vaskulitiden noch eingeschränkt“ sagt Professor Dr. med. Ulf Müller-Ladner, Ärztlicher Direktor der Abteilung Rheumatologie und Klinische Immunologie der Kerckhoff- Klinik in Bad Nauheim. Um die vielschichtigen Varianten der rheumatischen Erkrankungen zu behandeln, benötigen die Mediziner und Ärzte mehr Wirkstoffe, als zurzeit zur Verfügung steht. „Jede neue Substanz ist uns deshalb willkommen und wird eingesetzt – mit oder ohne offizielle Zulassung für eine bestimmte Erkrankung – solange es wissenschaftlich und klinisch sinnvoll ist“, betont Professor Müller- Ladner.
Im vergangenen Jahr wurde das Secukinumab als erster Wirkstoff im vergangenen Jahr eingesetzt, der den Botenstoff „Interleukin 17“ blockiert. „Interleukin 17 ist eine der wichtigsten entzündungssteigernden Signalsubstanzen und vor allem bei Entzündungsvorgängen an der Wirbelsäule und den Sehnenansätzen eine treibende Kraft“, sagt Professor Müller- Ladner. Dieses Mittel hat sich bereits erfolgreich bei der Schuppenflechte mit Gelenkbefall bewehrt. Ebenfalls bei der Psoriasis- Arthritis und bei Morbus Bechterew, einer Erkrankung, bei der die Rückenwirbel miteinander verwachsen und versteifen. Im nächsten Jahr könnte mit Tofacitinib und Baricitinib zwei weitere Wirkstoffe zugelassen werden. Diese Medikamente blockieren ebenfalls die Weiterleitung der Entzündungssignale innerhalb der Abwehrzellen. „In klinischen Studien haben Tofacitinib und Baricitinib eine starke Wirkung bei guter Verträglichkeit gezeigt“, berichtet Professor Müller- Ladner. „Viele Patienten dürften auch begrüßen, dass Kinasehemmer als Tabletten eingenommen werden können“, so der Experte.
Ebenfalls neu ist der Wirkstoff Mavrilimumab, hier dürfte die Einführung aber noch Jahre dauern. Der Wirkstoff bzw. Antikörper verhindert, dass Fresszellen die Entzündungsreaktion im Gewebe anstacheln. Hier hofft der Experte, dass dieser Wirkstoff auch bei Vaskulitiden wirksam ist. „Wir müssen hier aber noch die Ergebnisse weiterer klinischer Studien abwarten“, erläutert Professor Müller- Ladner. Die Rheumatologen setzen seit einigen Jahren das Mittel Rituximan zur Beseitigung der Entzündungszellen ein. Dieses Medikament war ursprünglich ein Mittel zur Krebstherapie. „Rituximab ist zu einem festen Bestandteil in unserem Therapierepertoire für die Behandlung der rheumatoiden Arthritis geworden“, sagt Professor Müller- Ladner. Inzwischen wurde dieser Wirkstoff auch zur Behandlung von Vaskulitiden zugelassen. Ebenfalls hat sich dieses Medikament bei der Bekämpfung der systemischen Sklerose, einer rheumatischen Erkrankung der Haut als wirksam erwiesen, so Professor Müller- Ladner.
„Entscheidend ist für uns, dass vielversprechende Wirkstoffe zügig die Zulassungsverfahren durchlaufen und damit die rheumatologische Forschung schnellstmöglich beim Patienten ankommt“, sagt Professor Müller- Ladner abschließend.