"The future is wide open" Aktueller Therapiestand, ein erstes Fazit zur Anschlussheilbehandlung und Gedanken, die man sich sonst noch so macht. Das Leben steht still und doch nicht still.
Morgen sind die drei Wochen der Anschlussheilbehandlung (kurz: AHB) um und mein Mann kommt nach Hause. Wirklich viel "gewonnen" hat er (oder haben wir) durch diese Zeit nicht. In der ersten Woche ging es ihm noch relativ gut und erkonnte auch mit verhältnismäßig hohem Elan an den sportlichen Aktivitäten teilnehmen, aber danach ging es wieder bergab. Fangen wir am Anfang an:
Der geplante Start der Therapie mit Ciclosporin A wurde zunächst verschoben, da die klinikleitende Ärztin der Meinung war, dass der erhöhte Kreatinin-Wert auch eine Folge des warmen Wetters in Verbindung mit einer zu geringen Trinkmenge sein könnte (mein Mann war normal angewiesen, möglichst wenig Flüssigkeit aufzunehmen, um die Wassereinlagerungen im Körper nicht zusätzlich zu fördern). Sie wollte die Werte erst einmal weiter überwachen und abwarten, was uns gelegen kam, da wir bezüglich des Medikaments weiterhin eher skeptisch waren bzw. sind.
In der zweiten Woche der AHB stand dann ein Gespräch mit einem Nephrologen auf dem Plan, wobei noch einmal über den Start der Therapie gesprochen werden sollte. Leider hatte sich zu diesem Zeitpunkt durch eine Urin-Untersuchung ergeben, dass ein Harnwegsinfekt vorlag - der Kreatinin-Wert war zudem weiter gestiegen. Der Harnwegsinfekt sollte mit einem Antibiotikum behandelt werden und danach sollte weiter über den Start mit Ciclosporin A gesprochen werden.
Am Telefon fragte ich meinen Mann, ob er sich den Beipackzettel des Antibiotikums durchgelesen hätte. Er erklärte mir daraufhin, dass er keinen bekommen habe. Ich bat ihn, mir den Namen des Medikamentes zu nennen, damit ich über das Internet Informationen einholen konnte. Was ich dann gefunden habe, hat mir noch einmal richtig den Boden unter den Füßen weggezogen. Bei dem Medikament handelte es sich um ein so genanntes Fluorchinolon-Antibiotikum (Chinolonon). Im Netz fand ich zahlreiche Warnungen und alarmierende Informationen (hier ein Beispiel) vor dieser Medikamentengruppe. Ich suchte nach der Fachinformation und fand dort Angaben dazu, dass das Antibiotikum zeitlich versetzt mit Magnesium und Calcium eingenommen werden soll (nimmt mein Mann aktuell beides, um Mängel auszugleichen). Zu den wohl häufiger auftretenden Nebenwirkungen gehören außerdem Probleme mit den Sehnen, die sich daraus ergeben, dass das Antibiotikum Magnesium im Körper aufzehrt, welches im Bereich der weniger durchbluteten Bereiche wie eben der Sehnen schlechter ausgeglichen werden kann. Diese Erscheinungen treten oft erst Wochen nach der Einnahme auf. Außerdem wird der Wirkstoff über Leber und Nieren abgebaut und kann sich schädigend auf beide Organe auswirken. Mit einer schweren Niereninsuffizienz soll man diese Mittel deshalb nicht nehmen. Insgesamt soll diese Medikamentengruppe als Reservemedikament (letzte Wahl) eingesetzt werden, wird aber doch wohl noch sehr häufig und relativ "unbedarft" verschrieben.
Derartig alarmiert rief ich meinen Mann an, setzte ihn über alles in Kenntnis und bat ihn noch einmal das Gespräch mit den Ärzten zu suchen. Er hatte dann ein Gespräch, wo man ihm mitteilte, dass die alterntiven Wirkstoffe auch problembehaftet wären und dass man wegen den Bakterien (welche es waren, wissen wir bis heute nicht) keine andere Wahl hätte. Mein Mann nahm also das Antibiotikum weiter ein, erhöhte aber seine Trinkmenge zusätzlich und achtete auf den in der Fachinformation beschriebenen Zeitabstand zur Einnahme von Magnesium und Calcium. Ich versuche nicht über mögliche Folgeerscheinungen dieser Antibiotika-Einnahme nachzudenken und hoffe, dass er davon verschont bleibt. Bislang macht sich bezüglich Sehnenschmerzen noch nichts bemerkbar.
Der Infekt und die Antibiotika-Einnahme hat meinen Mann dann, was die Förderung seiner Aktivitäten angeht, wieder mächtig zurückgeworfen. Aktuell ist er erneut soweit, dass er fast den ganzen Tag schlafen kann. Ein Phänomen, welches uns nahezu durch die komplette Krankheit begleitet.
In der letzten Woche gab es zwei weitere Termine mit dem Nephrologen in der Reha-Klinik. Das erste erfolgte im Rahmen einer Visite am letzten Tag der Antibiotika-Einnahme. Der Infekt war soweit beseitigt - keine Bakterien mehr nachweisbar. Wegen der Rückfrage bei der Klinikleitung wegen dem Antibiotikum gab es den Vermerk "Patient verweigert die Einnahme des Antibiotikas", worauf mein Mann dann auch angesprochen wurde. Er hatte sich nicht verweigert und das Medikament genommen (war ja eh zu spät). Es wäre halt wünschenswert gewesen, umfassend aufgeklärt zu werden und selbst eine Wahl treffen zu können, welches "Gift" man seinem Körper als nächstes zuführen will. Ist wohl in der heutigen Zeit kaum möglich (dazu vielleicht in einem eigenen Artikel noch einmal mehr).
Im Abschlussgespräch mit dem Nephrologen ging es auch noch einmal um das Thema Rituximab. Der Arzt erzählte meinem Mann, dass sie Rituximab nur selten einsetzen, weil sie auch hier schon diverse Nebenwirkungen beobachten konnten, die mit der kompletten Eliminierung der B-Zellen und damit einem kompletten Lahmlegen des Immunsystems in Verbindung stehen. Sorgt natürlich bei uns auch für weitere Verunsicherung - vor allem vor dem Hintergrund, dass Rituximab wohl das nächste Medikament sein wird, wenn Ciclosporin versagen sollte. Weiterhin ging es um die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit. Eine Wiedereingliederung ist aktuell nicht möglich, weil mein Mann nicht in der Lage wäre, zwei Stunden am Stück seiner alten Tätigkeit nachzugehen. Selbst bei reiner Schreibtischtätigkeit, wäre dieses für ihn aktuell wirklich nicht machbar.
Die Ciclosporin Therapie wurde noch nicht begonnen, weil der Arzt erst sicherstellen will, dass alle Antibiotika-Reste aus dem Körper raus sind. Das Antibiotikum verträgt sich auch nicht sonderlich gut mit dem Ciclosporin. Morgen werden wir erfahren, ob er nun starten soll oder ob dieses dann doch wieder in den Händen unseres Nephrologen hier liegt.
Fazit zur Anschlussheilbehandlung:
Die Ziele die mein Mann durch die Anschlussheilbehandlung erreichen wollte wie die leichte Rückkehr ins "Leben", Steigerung der Belastbarkeit usw. wurden leider nicht erreicht.
In den drei Wochen ist ihm aber vieles bewusst geworden. Zum Teil auch sehr schmerzhaft. So muss er sich langsam an den Gedanken gewöhnen, demnächst wohl (befristet) in die Erwerbsminderungsrente zu gehen und ggf. seinen alten (durchaus geliebten) Job nie wieder ausüben zu können. Er hadert damit, die Versorgerrolle nicht mehr erfüllen zu können und ist natürlich auch unsicher, was die Zukunft insgesamt angeht.
Es ist natürlich auch nicht einfach, wenn man in der AHB überwiegend Menschen trifft, die ihre Krankheit schon weitgehend überwunden haben und mit ganz anderen Voraussetzungen an das Thema Zukunft gehen können. Wir haben unseren Weg auch fast ein Jahr nach Diagnose noch fast vollständig vor uns.
Uns beiden ist durch die AHB bewusst geworden, dass wir uns was das Verarbeiten der chronischen Erkankung angeht, auch noch ganz am Anfang befinden. Wir wissen darum, aber richtig realisiert haben wir es beide wohl noch nicht wirklich. Man hat immer noch irgendwo das Gefühl, dass es bald vorbei ist und wir wieder wie vorher leben können. Aber der Zug ist soweit weg, dass seine Rücklichter bereits aus dem Sichtfeld verschwunden sind.
Es muss weitergehen:
Wegen der Therapie warten wir jetzt das "Go" für Ciclosporin ab. Daneben versuchen wir unser Leben anzupassen und Lösungen für den Umgang mit der Krankheit zu finden.
Nach der Lektüre einiger Selbsthilfebücher und Ratgeber zur Ernährung bei Autoimmunerkrankungen, hat mein Mann versuchsweise auf eine glutenfreie Ernährung umgestellt. In dieses Thema arbeite ich mich gerade erst richtig ein. Zusätzlich versuchen wir bewusst Lebensmittel auszuwählen, die über Inhaltsstoffe verfügen, die den Körper unterstützen. Rind- und Schweinefleisch wird es vorerst kaum noch geben. Dafür mehr Fisch und häufiger vegetarisch.
Das Schema der drei Mahlzeiten wie in der Klinik (Frühstück, Mittag, Abends Suppe und Salat) möchte mein Mann gerne beibehalten. Bislang war es bei uns anders organisiert. Er war vor der Krankheit mittags nicht hier und unsere beiden Kinder sind ebenfalls bis 16:00 Uhr aus dem Haus, so dass ein reguläres Mittagessen gar nicht möglich war.
Aufgrund der massiven Ödembildung werden wir auch an unserer Schlafzimmersituation etwas ändern. Wir schaffen ein neues Bett mit elektrischen Lattenrosten (sowas wie hier) und besseren Matratzen an, damit er angenehmer liegen und bei Bedarf den Oberkörper sowie die Beine zur Entlastung bequem höher lagern kann. Nach einigen Fehlkäufen in diesem Bereich, werden wir uns jetzt aber vorab umfassend informieren und bei der Auswahl beraten lassen.
Er trägt jetzt auch seit zwei Wochen Kompressionsstrümpfe auf Anraten der Rehaklinik-Ärztin. Sie meinte, dass es ein Wunder wäre, dass er noch keine Thrombose gehabt hätte (sehr beruhigend). Während der AHB hat er zusätzlich Lymphdrainage bekommen, was mein Mann - wenn möglich - auch weiterhin machen lassen will. Sehr positiv hat er auch die Anwendungseinheiten auf dem Hydro-Jet empfunden. Hier habe ich bereits ein Fitnessstudio in der Nähe gefunden, wo auch ein Hydro-Jet zur Verfügung steht. Es handelt sich dabei um eine Unterwasserstrahlmassage, die sich insgesamt positiv auf sein Wohlbefinden ausgewirkt hat.
Was die weitere berufliche sowie wirtschaftliche Zukunft angeht, werden wir verschiedene Beratungsangebote z.B. bei der Sozialverband Deutschland wahrnehmen, um geeignete Lösungen zu finden und richtige Entscheidungen treffen zu können.
Und dann haben wir auch einen Punkt erreicht, wo wir uns nicht mehr allein auf die Schulmedizin verlassen wollen. Im zweiten Drittel des Monats steht deshalb ein Termin bei einer Heilpraktikerin auf dem Plan, die bereits einigen meiner Familienmitgliedern in unterschiedlichen Bereich helfen konnte. Für mich hören sich die Erfahrungsberichte bisweilen nach "Vodoo" an, aber wenn "Vodoo" auch nur in Teilbereichen helfen kann, dann will ich mich auch auf "Vodoo einlassen, was mein Mann ähnlich sieht. Werde dann später berichten, wie es gelaufen ist und ob wir den Eindruck haben, auf alternativen Wegen weiterzukommen.