DNA-Spuren und Fingerabdrücke sind bisher das zuverlässigste Beweismittel in der Forensik. Künftig soll auch die Zusammensetzung der Chemikalien auf unserem Smartphone Aufschluss über das Persönlichkeitsprofil seines Besitzers liefern und so die Ermittlungen unterstützen können.
Erst kürzlich machten Berichte über unsere Smartphones als ewige Keimschleuder erneut die Runde. Auf unseren Handydisplays tummeln sich allerhand Bakterien und Keime. Aber nicht nur das: Auf den Geräten lassen sich auch chemische Rückstände von Substanzen finden, mit denen unsere Finger im Alltag in Berührung kommen. Eben jene molekularen Hinterlassenschaften sollen jetzt Rückschlüsse auf den Handybesitzer ermöglichen. Laut einer Studie soll die genaue Analyse der Chemikalien intime Details aus dem Leben des Individuums preisgeben, die auf Lebensstil und Gewohnheiten schließen lassen.
Forscher der University of California in San Diego untersuchten, inweit Proben, die vom Handydisplay oder der Handyrückseite genommen wurden, mit den Proben an den Händen der Studienteilnehmer übereinstimmten. In ihrer Untersuchung werteten sie 588 Proben von 39 Individuen aus. Das Ergebnis: Die Chemikalien, die auf Händen und Handys gefunden wurden, waren klar individuell unterscheidbar, die Übereinstimmungen somit signifikant. Aber nicht nur Handy und Besitzer ließen sich zuordnen. Die Forscher waren außerdem in der Lage, eine Persönlichkeitsskizze des Besitzers zu erstellen, die seine Lebensweisen wiederspiegelte und zum Beispiel Auskunft über verwendete Kosmetika und den Gebrauch von Medikamenten geben konnte. Die molekulare Smartphone-Signatur könnte in Zukunft eine wichtige Ergänzung für die Spurenermittlung in der Verbrechensaufklärung darstellen. Denn auch DNA-Spuren und Fingerabdrücke dienen nicht immer als verlässliche Beweislage. So zerfallen DNA-Spuren beispielsweise mit der Zeit und Fingerabdrücke lassen sich nur auf bestimmten Oberflächen richtig gut nachweisen. Selbst nach vier Monaten ließen sich die Untersuchungsergebnisse des Smartphone-Films noch reproduzieren – diesmal anhand von Proben von 10 Teilnehmern aus der Ursprungsgruppe.
Einige Moleküle konnten sogar noch sechs Monate nach Anwendung identifiziert werden, so zum Beispielsweise DEET, ein wichtiger Bestandteil vieler Anti-Mückensprays. „Durch die Analyse der Moleküle, die auf den Handys hinterlassen wurden, konnten wir enthüllen, dass die Person mit großer Wahrscheinlichkeit weiblich ist, hochwertige Kosmetik nutzt, ihre Haare färbt, Kaffee konsumiert, lieber Bier als Wein trinkt, gewürztes Essen mag, wegen Depressionen in Behandlung ist, Sonnencreme und Insektenspray nutzt – und deshalb vermutlich viel Zeit draußen verbringt [...]“, erläutert Amina Bouslimani, Erstautorin der Studie. Aktuell ist für die Anwendung dieser Methode aber noch eine manuelle Intepretation der Daten und eine zusätzliche Validierung durch die forensische Verfahren notwendig. Außerdem wäre für die wirklich effiziente Nutzung der Smartphone-Proben eine große Datenbank notwendig, die einen automatisierten Abgleich, wie etwa bei Fingerabdrücken, ermöglicht. Die Entwicklung eines groß angelegten Datensatzes bleibt bisweilen eine Herausforderung, die es in Zukunft zu bewältigen gilt. Originalpublikation: Lifestyle chemistries from phones for individual profiling Amina Bouslimani et al.; Proceedings of the National Academy of Sciences, doi: 10.1073/pnas.1610019113; 2016