Die Schwester legte das Telefon auf, zog ein langes Gesicht und sagte dann zu mir: „Das Labor hat gerade angerufen. Herr Kaiser hat MRSA UND Clostridien.“ – Na, super, dachte ich mir und wir verwandelten Herrn Kaisers Zimmer in ein tolles Isolationszimmer, mit „ACHTUNG“-Schild vorne dran und einem großem Vorrat an Schutzkitteln, Handschuhen und Mundschutz davor.
Kurze Zeit später kündigte man mir die – nennen wir sie mal aristokratischen – Töchter von Herrn Kaiser an und sagte, ich solle sie über die Details der Krankheitsentwicklung informieren.
Die aristokratischen Töchter hatten lange, rot-blonde Haare, die sich in edlen Knoten am Hinterkopf wanden, geschmackvoll aufeinander abgestimmte Businesskleidung und Handtaschen, deren Designer ich nicht kannte, aber das lag an mir und ich bin sicher, sie waren sehr exklusiv (also beide: die Handtaschen und die Designer). Außerdem redeten sie alt-französisch, wenn man nicht hinschaute. Die Töchter. Glaube ich. Vielleicht habe ich mir das auch nur eingebildet.
Ich hatte dann erst keine Zeit, weil ich ein dringendes Langzeit-EKG auswerten sollte. Die Schwester gab den Töchtern also eine Einführung zum Thema Isolationszimmer und Schutzausrüstung anziehen, blabla, und sagte, der Arzt käme auch bald.
Das Langzeit-EKG war so toll, dass ich kurzfristig überlegte, ob hier ein Undercover-Alien einen perfekten 24-Stunden-Sinusrhythmus simulierte. Auf jeden Fall gab es da nicht viel auszuwerten und kurze Zeit später stellte ich mich vor Herrn Kaisers Zimmer und warf mir das Set aus Mundschutz, Handschuhen und zu großem Kittel über. (Sterntaler. Ich fühle mich mit diesem Kittel immer wie das Sterntalerkind) So. Dann wanderte ich rein und es war nur eine Tochter da, die sich aber gleich beschwerte, dass die Bettwäsche des Vaters heute nicht gewechselt wurde und dass das Nachttischchen nicht täglich abgewischt wurde! Das sei hygienisch ja nicht vertretbar!
Ich schaute sie etwas fassungslos an und entgegnete dann, sie möge doch bitte sofort einen Mundschutz, Handschuhe und einen dieser Super-Sterntalerkittel anziehen, es wäre hygienisch nämlich auch nicht vertretbar, wenn sie hier Clostridien und MRSA gleichzeitig über die restliche Station verbreiten würde!
Wir haben uns dann nicht mehr so gut verstanden, für den restlichen Aufenthalt, die Aristokratentöchter und ich. Unterschiedliche Hygieneprioritäten.
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