Nach dem Angriff auf die Rx-Preisbindung müssen Apotheker einen weiteren Schlag einstecken. Der Sachverständigenrat für Wirtschaft sägt am Fremd- und Mehrbesitzverbot. Auch Hermann Gröhes Plan vom Versandverbot gerät unter Druck.
Bundeskanzlerin Angela Merkel nahm Anfang November das neue Jahresgutachten der „Wirtschaftsweisen“ in Empfang. Für Deutschland rechnen Experten mit Zuwachsraten des realen Bruttoinlandsprodukts von 1,9 Prozent im Jahr 2016 und 1,3 Prozent im Jahr 2017. Dazu habe vor allem die „außergewöhnlich expansive Geldpolitik“ der Europäischen Zentralbank beigetragen, schreibt der Sachverständigenrat. Als Konsequent fordern Wissenschaftler umfangreiche Reformen, die auch Apotheker betreffen.
Im Dokument ist von „mehr Markt in der Gesundheitsversorgung“ die Rede. Das betrifft vor allem tragende Säulen wie das Fremd- und das eingeschränkte Mehrbesitzverbot. In früheren Analysen wurde auch gefordert, Selektivverträge auszubauen. Die Experten können sich darüber hinaus vorstellen, die umstrittene Praxisgebühr wieder einzuführen, aber strategisch weiterzuentwickeln. Sie bewerten Möglichkeiten zur Nutzenbewertung bei Arzneimitteln als sinnvoll, wollen deren Anwendung jedoch ausdehnen. Zum Hintergrund: Derzeit erstatten etliche GKVen alternative Therapieformen, was den „Wirtschaftsweisen“ ein Dorn im Auge ist. Nicht zuletzt lobt der Wirtschafts-Sachverständigenrat das EuGH-Urteil als Möglichkeit, „mehr Wettbewerb“ in den Markt zu bringen.
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) rückt von seinen Plänen, den Versand von Rx-Arzneimitteln zu verbieten, trotzdem nicht ab. Sein Staatssekretär Lutz Stroppe erklärte vor wenigen Tagen: „Wir werden für diese Lösung werben – bei der Regierung und bei den Parteien.“ Zuletzt äußerten Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion Zweifel. Sie brachten neue Modelle der Honorierung ins Gespräch. Stroppe argumentiert mit den Vertriebswegen: „Der Versandhandel kann vieles, aber Arzneimittel sind nicht dasselbe wie Bücher oder Handys.“ Die medizinische Versorgung müsse bundesweit gewährleistet bleiben.