Frau Gruhner war schon ziemlich alt. 78 Jahre, um genau zu sein. Außerdem war sie so dement, dass sie ihr eigenes Geburtsdatum um ungefähr 20 Jahre verfehlte und auch der Grund für ihre Anwesenheit in unserem Aufnahmezimmer war der Dame völlig unklar.
Herr Gruhner, Sohn und Betreuer, erklärte nun ausführlich, der Mutter gehe es seit Monaten immer schlechter, sie habe wenig Appetit, schlafe viel, wäre noch vergesslicher als sonst, ob wir da nicht mal schauen könnten, was los sei.
Hmhm, ich fragte dann vorsichtig, ob er sich da auch vorstellen könne, dass wir insgesamt nicht mehr viel mit der Mutter veranstalten würden, sie habe ja schon ein recht hohes Alter erreicht und sei zudem deutlich verwirrt und dement.
„Oh, nein, nein!“ widersprach Herr Gruhner. „Sie hat ja noch mindestens 5 Jahre zu leben!" – „Huä?“ sagte ich (Nein das sagte ich nicht, ich schaute nur etwas verwirrt).
Herr Gruhner erklärte, der Ehemann seiner Mutter sei schließlich 83 geworden. Nach einer längeren Pause, in der ich weiter nichts sagte, verdeutlichte Herr Gruhner den Sachverhalt: „Und wissenschaftlich gesehen, werden Frauen immer älter als Männer.“
„Oh, hmhm“, sagte ich dann und wollte irgendetwas zu Vererbung versus Verheiratung und Statistik erklären und dass das so NICHT funktioniert. Aber Herr Gruhner schaute traurig und hing sehr miserabel auf dem unbequemen Angehörigenhocker des Zimmers, sodass ich dann nicht mehr viel redete und wir die Mutter ein bisschen aufnahmen.
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