Eine Studienplatzklage – ich würde lügen, wenn ich sage, dass ich nie mit dem Gedanken gespielt hätte. Er ist ja auch nicht unattraktiv. Als Wartende schaut man sich die vielversprechende Homepages der Kanzleien an, die sich auf diese Klagen spezialisiert haben, die Nachfrage ist da und der Markt, der sich den Anwälten bietet, deshalb groß.
Ich habe mich immer gefragt, was die den ganzen Tag machen: Sie recherchieren und prüfen, ob eine Universität ihre Ausbildungskapazität auch wirklich ausgeschöpft hat. Die Plätze, die eigentlich noch vorhanden sind, aber nicht vergeben wurden, werden dann meist unter den Klägern gelost. Das ist von Kanzlei zu Kanzlei unterschiedlich.
Nun kostet der ganze Spaß ein bisschen ‘was und auch wenn man eine Rechtsschutzversicherung hat, muss man prüfen, ob diese überhaupt eine Klage dieser Art abdeckt. Tut sie das nicht, hat man noch die Möglichkeit, „Prozesskostenhilfe“ zu beantragen, allerdings deckt diese Hilfe nicht alle Kosten ab. Die Kanzleien empfehlen zudem, mehrere Unis gleichzeitig zu verklagen, denn so steigen wohl die Chancen auf Erfolg.
Manchmal wird's immerhin ein Teilstudienplatz
Einige dieser Klagen gehen tatsächlich durch, andere Kläger ergattern immerhin einen Teilstudienplatz, das heißt, sie können bis zum ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung, also dem Physikum, studieren und müssen sich dann erneut auf einen Studienplatz im klinischen Abschnitt bewerben oder nochmals klagen.
Im Laufe des Semesters erfährt man meistens, wer seinen Platz über eine Studienplatzklage bekommen hat. Ich kann verstehen, dass die Betroffenen diese Tatsache eher geheim halten wollen, aber früher oder später spricht es sich immer rum.
Meines Erachtens hat das Einklagen einen irgendwie unehrlichen Beigeschmack, aber ich frage mich, warum ich das so empfinde. Es kann mir doch egal sein, dann hat sich diese Person eben Hilfe geholt und sich eingeklagt.
Eigentlich finde es sogar gut, dass die Universitäten gezwungen werden, ihre Ausbildungskapazität auszuschöpfen. Was ich nicht so fair finde, ist die Verteilung. Jeder sollte doch die Chance haben, sich auf frei gewordene Studienplätze zu bewerben, aber diese Chance wird eben nur denen geboten, die auch die finanziellen Mittel haben, einen Anwalt zu bezahlen. Wer bestimmt, an wen die eingeklagten Plätze gehen?
Jetzt kann man entgegnen, dass die Möglichkeit bestünde, einen Kredit zu beantragen usw. Und ja, ich meckere auf hohem Niveau und ja, ich bin froh darüber, dass ich in Deutschland lebe und die vielen, vielen Möglichkeiten und Vorteile genieße. Und ja, das Leben ist kein Ponyhof und ja, in anderen Ländern haben Medizinstudenten einen Berg von Schulden, den sie erst abarbeiten müssen. Und dennoch: Wenn wir aufhören, dieses System immer aufs Neue zu kritisieren, werden wir irgendwann nur noch auf der Stelle bewegen.
Studium im Ausland – auch eine Option
Wer keine Ausbildung machen möchte und trotzdem nicht warten will, kann über die Option eines Auslandsstudiums nachdenken. Es gibt mittlerweile auch „günstigere“ Unis als vor paar Jahren. Die Universität Pecs ist längst nicht mehr die einzige Uni, die für deutsche Studenten attraktiv ist.
In höheren Fachsemester werden die Karten nochmal neu gemischt. Einige wechseln die Uni, andere legen ein Urlaubssemester ein, wieder andere verschwinden für eine experimentelle Doktorarbeit ins Labor. Es werden viele Plätze in höheren Semestern frei, auf die sich Studenten bewerben, die bisher im Ausland studiert haben und das häufig mit Erfolg. In meinem Semester sind ungefähr acht Studenten aus dem Ausland hinzugekommen. Ich habe selbst zwei Freundinnen, die in Riga studiert haben, eine davon ist jetzt in Frankfurt eingeschrieben. Zwar wird man in untere Semester eingestuft und verliert so vielleicht 2-3 Semester, aber immerhin besser als gar nichts.
Eine Kollegin aus Ungarn war bereits im achten Semester und konnte dann ins fünfte Semester nach Hamburg wechseln. Mittlerweile studiert sie im sechsten und ist einfach froh, endlich wieder in Deutschland zu sein.
Was bei der Studienplatzwahl im Ausland wichtig ist: Achtet unbedingt darauf, ob es ein Bachelor-Master-Studiengang ist, und ob es eine vergleichbare Ärztliche Prüfung wie das Physikum gibt.
Ein Auslandsstudium ist selbstverständlich mit Kosten verbunden und ein Wechsel nach Deutschland ist nicht immer garantiert. Die Kollegen, mit denen ich gesprochen habe, hatten Glück und Durchhaltevermögen. Man muss viele bürokratischen Hürden überwinden, um die Scheine in Deutschland anerkennen zu lassen.
Ob Klage oder Ausland, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Schade ist nur, dass es nicht für alle gleich gut läuft: Bei einigen klappt's, bei anderen nicht.