Immer schwierig: Wechselwirkungen. Noch schwieriger: Wechselwirkungen bei Medikamenten wie Antidepressiva und Antipsychotika.
Leider gibt es gerade bei den erwähnten Medikamenten häufig welche, auch sehr wichtige wie Herzrhythmusstörungen und gegenseitige Wirkverstärkungen – letztere können zwar gewollt sein, können sich aber auch in verstärkten Nebenwirkungen äußern.
Und viele, die derartige Medikamente nehmen müssen, haben schon eine kompliziertere Persönlichkeitsstruktur und sowieso Probleme mit Wechseln/neuen Medikamenten/Anpassungen und derartigem. Sie auf Wechselwirkungen aufmerksam zu machen (wie ich eigentlich sollte*), verwirrt sie oft noch mehr und verunsichert sie, sodass sie am Schluss die (nötigen) Tabletten doch nicht nehmen.
Was also tun? Bisher habe ich es so gehandhabt, dass – wenn es zu einer solche Situation kommt und das Medikament neu ist – ich dem Patienten erstmal sage, dass ich rasch noch etwas mit dem Arzt klären muss (ich sage nicht unbedingt was) und das dann mache. Der Arzt soll dann – mit dem Wissen um die Wechselwirkung – entscheiden, wie wichtig es ist, dass der Patient informiert ist und ob er auf eine mögliche Wechselwirkung oder auch Nebenwirkung achten soll.
Also ist es bisschen ein Dilemma. Wie viel soll und kann ich sagen?
Meine Kollegin ist da letztens ein bisschen „reingelaufen“. Sie hatte abends eine Patientin, die sich schon reichlich beunruhigt in der Apotheke präsentierte, auf dem Rezept ein neues Antidepressivum zu ihren bereits vorhandenen. Bei Eingabe in den Computer wurde dann auch eine schwerwiegende Wechselwirkung angezeigt – noch nicht kontrainduziert, aber im Sinne von „von einer Kombination wird stark abgeraten“.
Was soll ich schreiben? Den Rest könnt ihr dem Brief entnehmen, den ich dem Arzt auf dessen erboste Reaktion hin geschrieben habe. In seinem Brief beklagt er sich darüber, wie wir die Patientin behandelt haben. Speziell, dass wir ihr gesagt hätten, sie solle das Medikament nicht nehmen. Sie brauche das für ihre Behandlung dringend – und wie wir dazu kämen, sie zu verunsichern?
Sehr geehrter Herr Dr. ...,
Erstmals: vielen Dank für Ihren Brief. Ich nehme ihn als konstruktive Kritik gerne an.
Dann möchte ich mich entschuldigen, dass das so unglücklich gelaufen ist. Es liegt natürlich auch in unserem Interesse, dass die Patientin die bestmögliche Behandlung und Beratung bekommt.
Am betreffenden Tag arbeitete ... [Name meiner Kollegin]. Sie hat mir erklärt, dass die Patientin zu einem Zeitpunkt mit dem Rezept kam, an dem Sie nicht mehr erreichbar waren. Darum hat sie der Patientin erklärt, dass sie wegen einer Wechselwirkung erst mit Ihnen, dem Arzt, Rücksprache nehmen möchte. Die Patientin hat darauf erklärt, dass sie das dann lieber selbst mit Ihnen besprechen möchte.
Wir haben also der Patientin nicht gesagt, dass sie das Medikament nicht nehmen soll. Wir haben außerdem versucht, sie als verschreibenden Arzt zu erreichen, respektive angeboten, es gleich am nächsten Tag abzuklären, was die Patientin abgelehnt hat.
Wir sind uns bewusst, dass ein sensibler Umgang vor allem auch mit depressiven Patienten wichtig ist und das es wichtig ist, dass diese ihre Medikamente (regelmäßig) nehmen. Leider können wir angezeigte Wechselwirkungen nicht vollständig ignorieren. In dem Sinne wäre es das nächste Mal vielleicht sinnvoll, etwas weniger Info an die Patientin zu geben – vor allem wenn der Arzt gerade nicht erreichbar ist.
Dennoch denke ich nicht, dass meine Kollegin falsch gehandelt hat. Falls Sie aber eine bessere Vorgehensweise vorzuschlagen haben, nehme ich diese gerne entgegen.
Mit freundlichen Grüßen
Pharmama
Vielleicht sage ich das nächste Mal in so einem Fall am besten: „Ich muss das Medikament erst bestellen, ab morgen habe ich es hier.“
(Aber dann gibt es wiederrum manch sensible Person, die denken könnte, das Medikament sei etwas derart ungebräuchliches, da will sie nicht als Versuchskaninchen dienen. Gab's auch schon.)
* mehr zum Thema: die Arbeit der Apotheke am Beispiel Wechselwirkungen