Ich liebe die Serie Dr.House, ich kann dabei nähen üben und die Folgen sind einfach spannend. Endlich mal was anspruchsvolles, man kann mitraten und es geht immerhin nicht nur um die Lovestory zwischen McDreamy und der Assistenzärztin XY. Aber wie fühlt es sich eigentlich an, wenn man als Medizinstudent eine Folge dieser Arztserie schaut?
Nun ja, da gibt es große Unterschiede:
Der Vorkliniker, der gerade erst sein Pflegepraktikum hinter sich gebracht hat, denkt sich: Warum geht denn niemand in das Zimmer schräg gegenüber vom Scrubs-Schwesterntresen und schaltet endlich das rote Alarmlicht aus? Da klingelt seit nunmehr fünf Folgen ein Patient und möchte bestimmt frisches Wasser, oder sein Katheterbeutel steht kurz vorm Platzen oder das Fenster muss geöffnet bzw. geschlossen werden.
Der Kliniker denkt sich während der OP-Szenen: Oh, oh! Ob das noch steril ist, Dr. Christopher Turk? Die Zeit während der laparoskopischen Appendektomie zu stoppen, um einen neuen Sacred Heart-Rekord aufzustellen ist natürlich etwas überspitzt. Im realen Leben sieht der OP-Wettkampf so aus: „Ist der Saal 3 schon fertig?“ – „Ja, die leiten schon den nächsten Patienten ein“ – „Hmm, aber bestimmt nur, weil die zu zweit sind und beide nähen.“ – „Meine Assistenz muss noch bisschen üben, sie ist nicht die schnellste“ (Gemeint bin ich).
Doch immerhin thematisieren Arztserien einige Herausforderungen, mit denen Medizinstudenten täglich zu kämpfen haben. Schaff ich das? Warum fragen mich alle meine Familienmitglieder andauernd über Whatsapp nach meiner Meinung, sobald es um medizinische Eingriffe geht? Wie viel haben die anderen gelernt – wie weit bin ich? Oder: Habe ich mich vielleicht bei einem Patienten angesteckt?
Kennt ihr die Scrubs-Folge, in der J.D. einen infektiösen Patienten an Dr. Cox übergibt, weil er Angst hat, sich anzustecken? Jeder, der mal Meningitis-Prophylaxe schlucken musste oder sich in der Klinik mit einer Nadel, die Patientenkontakt hatte, gestochen hat und anschließend drei Mal zum Blutabnehmen gehen musste, weiß, dass diese Angst nicht nur in einer lustigen Serie existiert.
Und obwohl vieles manchmal sehr unrealistisch dargestellt wird – Ärzte führen jede einzelne Maßnahme selbst durch (All-in-One-Facharzt), verbringen sehr, sehr viel Zeit mit dem Patienten, können sich um wirklich jeden liebevoll kümmern, essen ständig gemeinsam zu Mittag und laufen obendrein auch noch meist ohne Augenringe rum – schaue ich Arztserien gerne. Denn vor allem freue ich mich jedes Mal, wenn ich etwas richtig beantworte, auch dann, wenn es nur Kleinigkeiten sind.
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