Seit Jahrzehnten haben Biologen vermutet, dass Pflanzen über eine Art biochemisches Gedächtnis verfügen. Neueste Erkenntnisse zeigen, dass sie sich nicht nur erinnern können, sondern „unnützes Wissen“ auch wieder vergessen.
Forscher vom Australian Research Council Centre of Excellence in Plant Energy Biology der Australian National University in Canberra konnten jetzt darlegen, wie Pflanzen sich erinnern und vergessen.
Umwelteinflüsse stellen für Pflanzen eine Herausforderung dar, bei der es gilt Anpassungsfähig, Erinnerung und Reaktionen darauf in Einklang zu bringen. Daher können Pflanzen sich an schädliche Änderungen, die den Fortbestand ihrer Spezies gefährden, in ihrer Umwelt erinnern. Doch nicht jede stressbedingte Reaktion ist sinnvoll, sondern im Einzelfall vielleicht sogar eher kontraproduktiv. Daher ist es überlebenswichtig, eine potentiell tödliche Anpassungsreaktion auch wieder zu vergessen.
Nun spielen sich Erinnern und Vergessen bei Pflanzen anders ab als bei Tieren: Stressoren wie Hitze oder Dürre führen zu biochemischen Veränderungen, die sich letztlich sogar in der RNA und DNA der Individuen niederschlagen. Die Fähigkeit auf einen solchen schädigenden Faktor zu reagieren kann daher bei einer Wiederholung reproduziert und sogar weitergegeben werden, da diese biochemischen Fähigkeiten über die Saat weitergegeben werden können. Dies macht jedoch evolutionsbiologisch keinen Sinn, wenn diese Reaktion der Pflanze geschadet hat. Die Forscher konnten daher zeigen, dass diese Form von Gedächtnis in solchen Fällen reversibel ist.
Diese erstaunliche Fähigkeit, sich zumindest auf molekularer Ebene zu erinnern und zu vergessen, hat Pflanzen über die Jahrmillionen überlebensfähig und durch zahllose Klimawandel hindurch höchst erfolgreiche Spezies zu sein. Man kann davor nur Respekt haben.
Food for thought...
Originalpublikation:
Reconsidering plant memory: Intersections between stress recovery, RNA turnover, and epigenetics Peter A. Crisp et al.; Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.1501340; 2016
Bildquelle (Außenbild): William Warby, flickr