Naja und dann war es nachts und eine besorgte Ehefrau brachte ihren Mann in die Aufnahme. Erbrochen habe er sich und erkältet wäre er auch. Prinzipiell hörte sich das alles jetzt nicht so schlimm an. Der Ehemann aber fühlte sich doch so mittelschlecht, während er sich über meine Untersuchungsliege drapierte und mich anhustete.
Ich schickte ihn vorsichtshalber zum Röntgen und vollbrachte einen Ultraschall, was aber beides sehr unauffällig war. Dann fiel mir ein, dass aktuell ja die Grippe grassierte und besorgte mir einen Influenza-Schnelltest. Meine Aufnahmeschwester erklärte, sie hoffe für mich, dass dieser Test negativ ausfallen würde, nachdem ich den Patienten ja vorher einmal durch die Aufnahmekabine, das Röntgenzimmer, eine weitere Aufnahmekabine – in die der Patient aus Versehen wanderte – und Sonographieraum gezogen hatte. Die müssten wir sonst wegen der Infektionsgefahr alle solange sperren, bis am nächsten Morgen eine Putzfrau zur Grundreinigung käme!
Allerding teilte uns das Labor nach einer halben Stunde mit, dass wir einen exklusiven Fall von Influenza A hätten. Da wir keine Zimmer auf der Station mehr hatten und ich unmöglich einen Influenzapatienten im Flur zwischenparken konnte, wo er das passierende Patienten- und Personalvolk infizierte, sprach ich also mit dem Mann, ob er sich vorstellen könne, Influenza auch zu Hause zu haben. Kein Problem wäre das, sagte der er. Wir warfen also Ehemann und -frau wieder raus. Die Frau holten wir dazu aus einer weiteren Untersuchungskabine, in der sie sich ob der Influenzanachricht entsetzt niedergelassen hatte. Sie sagte, sie hätte auch Husten und sich möglicherweise angesteckt.
Meine Aufnahmeschwester sperrte mit grimmigem Gesichtsausdruck alle betroffenen Aufnahmekabinen und den Sonoraum für die Ent-Influenza-Desinfektion am nächsten Morgen. Außerdem zog sie sich einen FFP3-hilft-auch-gegen-Ebola-Mundschutz an, welchen sie für die restliche Nacht nicht mehr ablegen würde. Dies war eine schlaue Entscheidung, denn der nächste hustend fiebernde Patient erschien nur Sekunden später. Diesmal veranstaltet ich den Schnelltest sofort bei Eintreffen und – haha – natürlich hatte auch dieser Patient Influenza. Leider ging es ihm so schlecht, dass nach Hause schicken keine Option war und ich verbrachte die nächsten zwei Stunden damit, verzweifelt ein Zimmer im überbelegten Krankenhaus zu suchen.
„Sie wissen schon, dass sie hier auf der Chirurgie anrufen?“ „Jaaaa.“ „Also, hm … ich glaube auf der Nachbarstation ist gerade einer verstorben … aber ob sie das Zimmer haben können, weiß ich nicht. Wir sind hier die Chirurgie, da können sie doch nicht einfach ihre infektiösen Patienten ablegen!“
Irgendwann fand ich dann aber doch ein verstecktes Zimmer. Die Aufnahmeschwester verklebte ein weiteres „GESPERRT“-Schild in der Aufnahme und ich hatte also in einer Nacht die halbe Notaufnahme gesperrt.
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