Vegane Ernährung ist derzeit en vogue. Sie gilt als natürlich und gesund. Aber ist sie das wirklich immer?
In den Buchhandlungen liegen vegane Kochbücher aus, vegane Köche wie Attila Hildmann genießen den Status eines Popstars, Promiente outen sich als Veganer. Die aus dem Vegetarismus hervorgegangene, auf jegliche tierische Zutaten, also auch Milch und Molkereiprodukte oder Eier verzichtende Ernährungsweise ist zur Zeit hip und wird von ihren Verfechtern mit zum Teil missionarischem Eifer propagiert. Argumente wie Ethik, Tierschutz, Umweltschutz, Gesundheit, Verteilungsgerechtigkeit, Welternährungsproblematik oder religiöse Gründe und/oder Herrschafts- oder Kulturkritik werden als Beweggründe genannt.
Aber wie gesund und vor allem natürlich ist Veganismus wirklich?
Die Aufnahme von Ballaststoffen liegt bei Veganer häufig über der teilweise eher geringen Zufuhr der Durchschnittsbevölkerung, wobei nicht jeder Mensch eine stark ballaststoffreiche Ernährung wirklich gut verträgt, sondern mit – teils unangenehmen oder sogar schmerzhaften – Blähungen reagiert.
Der Verzicht auf Fleisch und Milchprodukte kann zu einer Minderversorgung mit Calcium, Jod und Eisen, aber auch Vitamin B12 führen, welche zum Teil supplementiert werden müssen. Vegane Kost ist sehr cholesterinarm, wobei die exogene Cholesterinzufuhr aufgrund der endogenen Synthese nur einen Teilaspekt darstellt. Auch die Aufnahme gesättigter Fettsäuren ist bei Veganern geringer. Insbesondere bei Kindern besteht aufgrund einer möglichen Mangelernährung durch eine streng vegane Kost das Risiko bleibender Schäden.
Medizinische Studien fanden für Veganer ein zum Teil niedrigeres Risiko an Adipositas, Diabetes mellitus und arterieller Hypertonie zu erkranken. Auch das Risiko für eine koronare Herzerkrankung ist gegenüber Fleischessern um 20 % reduiziert, allerdings bei einer ovo-lakto-vegetarischen Kost oder Pescetariern sogar um 34%. Dafür haben Veganer ein erhöhtes Osteoporoserisiko sowie, aufgrund einer verminderten Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren, ein möglicherweise erhöhtes Risiko für Thrombosen und Arteriosklerose. Ferner haben durch den steigenden Verzehr von Sojaprodukten auch diesbezügliche Allergien zugenommen.
Eine vegane Ernährungsweise kann also gesundheitliche Vorteile haben, birgt aber das Risiko einer Mangelernährung in sich, vor der uns gegebenenfalls nur zusätzliche Chemie in Form von Nahrungsergänzungsprodukte schützt.
Trotzdem strömen in letzter Zeit immer mehr vegane Produkte in die Regale der Supermärkte. Beliebt sind nicht zuletzt Fleischersatzprodukte wie vegane Wurst, Schnitzel, Hackfleisch oder Lachs, welche das gewohnte Geschmackserlebnis bieten sollen, aber frei von tierischen Zutaten sind. Dafür enthalten sie häufig Soja-Eiweiß und künstliche Aromen, handelt es sich doch in erster Linie um Entwicklungen der Lebensmittelchemie. Selbst Sojamilch ist letzten Endes ein hochverarbeitetes Industrieprodukt, also etwas Künstliches. Wenn man es genau überlegt, eigentlich alles nicht besonders appetitlich. Was nicht heißen soll, dass man vegan kein schmackhaftes und vollwertiges Menü zubereiten kann, im Gegenteil. Aber aus meiner Sicht nicht mit solchen Produkten. Mit „natürlich” hat dies etwa genauso viel zu tun wie eine Flasche Cola.
Vegan ist nicht gleich umweltfreundlich
Überhaupt finde ich es inkonsequent, auf der einen Seite zwar bewusst auf tierisches Fleisch verzichten zu wollen, andererseits aber Lebensmittel zu wünschen, die genauso aussehen und schmecken. Auch über die Umweltfreundlichkeit kann man diskutieren: Etwa 52 % der weltweiten Sojaproduktion stammen aus konventionellem Anbau in Südamerika, darunter auch genmanipulierte Pflanzen. Auch wenn davon nur 10 % in der Lebensmittelproduktion (Margarine, Tofu, Sojasoße usw.) enden (der Rest wird für die Herstellung von Futtermitteln oder Agrartreibstoffen verwendet), so werden dennoch zur Vergrößerung der Anbauflächen in Brasilien große Flächen Regen- und in Argentinien Nebelwald abgeholzt, was von Umweltschützern kritisiert wird.
Inwieweit es moralisch weniger verwerflich ist, eine Pflanze zu töten als ein Tier wurde an dieser Stelle bereits überlegt und ist eine Frage mit philosophischer Brisanz.
Keine Frage, unsere übliche, viel zu einseitige Ernährungsweise mit der daraus resultierenden, höchst bedenklichen Massentierhaltung ist umweltschädlich und gesundheitlich riskant. Aber Veganismus ist meines Erachtens aus den verschiedensten Gründen kein sinnvoller Ausweg. Eine ausgewogenen Mischkost mit wenig (aber dann hochwertigem und artgerecht produziertem) Fleisch erscheint mir auch ernährungsphysiologisch das Gesündeste, alternativ eine ovo-lakto-vegetarische Kost.
Food for thought... Bildquelle: Sigurdas, Wikipedia
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