Die Hamburger Uniklinik steht im Verdacht, Patientendaten manipuliert zu haben. So sollen die Wartenden im Ranking nach oben gerutscht sein. Die Uniklinik streitet die Vorwürfe ab und betont, niemand habe Schaden genommen.
In Deutschland warten mehr als 10.000 schwer kranke Menschen auf die Transplantation eines Organs, wie die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) berichtet. Für diese Menschen ist die Transplantation die einzige Möglichkeit, um zu überleben oder die Lebensqualität erheblich zu verbessern. Noch immer gibt es allerdings zu wenige, die bereit sind, ihre Organe nach dem Tod zu spenden. Um den Patienten daher auf der Warteliste ein paar Plätze nach oben zu schieben, manipulieren Kliniken immer wieder die Daten ihrer Patienten. Fälle aus Göttingen, Regensburg und München wurden bekannt – nun soll es in Hamburg einen neuen Transplantationsskandal geben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt laut NDR, weil in 14 Fällen des Universitätsklinikums (UKE) und der LungenClinic Großhansdorf Unregelmäßigkeiten aufgetaucht sind. Nach Informationen des Hamburger Abendblatts hat eine Kommission der Bundesärztekammer, der Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft die Befunde über die mutmaßlichen Manipulationen bereits an die Behörden übergeben. Die Kommission schreibt in ihrem Bericht von „erheblichen Dokumentationslücken und klinisch ungeklärten Fragestellungen“. Die Sauerstoffsättigung soll bei 14 Patienten zwischen 69 und 75 Prozent gelegen haben, „was über Wochen und Monate selbst bei Gesunden nicht mit dem Leben vereinbar ist“.
Die Klinik weist die Vorwürfe von sich. In einer Stellungnahme heißt es: „Das UKE in Kooperation mit der LungenClinic Großhansdorf erkennt berechtigte Kritikpunkte aus dem Prüfungsbericht an, betont aber, dass es keinerlei Anhaltspunkte für Eingriffe in die Rangfolge von Patienten auf der Transplantationsliste gibt. [...] Im Bericht der Prüfungs- und Überwachungskommission werden 14 von 25 Fällen beanstandet. Bei der genauen Prüfung der Einzelfälle zeigten sich im Bericht letztlich zwei Fälle mit möglicher Relevanz für die Warteliste. Diese Fälle wurden aktiv der Prüfungs- und Überwachungskommission bei ihrer ersten Visitation mitgeteilt.“ Das UKE macht unterschiedliche Dokumentationssysteme in den beiden Krankenhäusern dafür verantwortlich, dass der Kommission Akten fehlen – im UKE gibt es elektronische Patientenakten, in Großhansdorf wird alles auf Papier dokumentiert. Axel Rahmel, Medizinischer Vorstand der DSO kann den Vorwürfen dennoch etwas Positives abgewinnen und kommentiert in einer Stellungnahme: Die Manipulationsvorwürfe seien erschütternd. „Gleichzeitig zeigen sie jedoch auch ganz deutlich, dass die konsequente Aufarbeitung der Vorfälle und die Kontrolle der Transplantationszentren ihre Wirkung zeigen.“
Gesetzesverstöße, wie sie wahrscheinlich in Hamburg stattgefunden haben, aber auch in Göttingen, Regensburg und München passiert sind, scheinen keine Ausnahme zu sein, wie auch Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz dem Hamburger Abendblatt berichtet: „Manipulationen bei allen Organverteilungen waren über Jahrzehnte an der Tagesordnung. Von Nord nach Süd sind die meisten Verantwortlichen noch immer in Amt und Würden.“ Für Patienten seien die Vergabekriterien undurchsichtig und die Konkurrenz der Transplantationszentren habe sich verschärft.