Der erste Tag ist überstanden und die ersten Zweifel werden wieder kleiner, während sich andere wieder neu auftun.
So ein erster Arbeitstag als Ex-PJler im eigenen Hause hat durchaus seine Vorteile. Fragen wie: „Wo muss ich morgens eigentlich hin?“ „Wie bekomme ich dies und jenes und vor allem wo?“ und „Wen kann ich hierfür fragen?“ kommen gar nicht auf.
Man kennt sich, man wird teilweise sogar auch von jenen, mit denen man nicht allzu viel Kontakt hatte, ein Stückchen wieder erkannt - „Ach, du hast doch hier auch PJ gemacht, oder? Ja, ja, na klar. Willkommen“. Im Großen und Ganzen alles sehr nett.
Innerlich werden dennoch Fragen groß: Ob denn das Umfeld von einem erwartet, dass man genau da wieder ansetzt, wo man aufgehört hat? Ich muss zugeben, einige „handwerkliche“ Dinge ähneln dem Fahrradfahren, denn irgendwie ist da noch eine Art Bewegungsmuster tief in den Hirnwindungen abgespeichert. Die Amis nennen es ja nicht umsonst „Muscle Memory“ während die B-Note natürlich mal wieder hapert. Niemand ist perfekt, schon gar nicht von Anfang an.
Dieses Gefühl der qualifizierten Hilflosigkeit ist irgendwie bekannt, aber dennoch belastend, da man ja mittlerweile vom kleinen zum großen Stift befördert worden ist und auf dem Namensschild mittlweile auch "Assistenzärztin" steht. Ja, jetzt hat man auch einfach mal etwas Verantwortung zu tragen. Wobei man sich Schrittchen für Schrittchen seine Eigenverantwortung erarbeiten muss.
Aktuell trage ich dennoch Zweifel in mir, ob das wirklich auch mal so wird, dass ich Sicherheit ausstrahle, tiefenentspannt bin und einfach wissen werde, was zu tun ist. Das merke ich vor allem bei der doch eigentlich so einfachen Vorstellung beim Patienten. Ich kann es einfach nicht über die Lippen bringen zu sagen „Hallo, mein Name ist xy. Ich bin Narkoseärztin“. Stattdessen zähle ich mich einfach immer zur Narkoseabteilung dazu. Da muss Frau sich nicht wundern, wenn man dann doch eher wieder als Schwester wahrgenommen wird. Aber das ist zum Glück kein wirkliches Problem, daran kann man arbeiten, das wird schon.
Trotz der kleinen, aber feinen Tücken der Gynäkologie, kann ich sehr positiv auf den ersten Tag als Ärztin im OP-Saal zurückblicken. Die Kollegen sind unverändert nett, das mühsam im PJ erarbeitete Handwerk scheint nicht ganz verloren gegangen zu sein und nach einigen, erfolgreichen Intubationen ist das Gewissen doch beruhigt. Es gab ihn, diesen einen kurzen Augenblick, als ich unschuldig an meinem Protokoll schrieb, kurz auf meine Monitore schaute und unter meinem Mundschutz das Lächeln doch nicht unterdrücken konnte – Du bist angekommen. Hier wolltest Du hin. Ja, du bist Assistenzärztin in der Anästhesie, genau so wie es auf deinem Namensschild auch steht.