Wer kennt das nicht: Man steht im Biochemielabor, pippettiert munter Lösungen zusammen und dann geht's ab in die Zentrifuge. Wie geht das Ding noch mal an? Und wozu genau mache ich das eigentlich? Und bin ich eigentlich selbst Schuld daran, dass ich nach fünf Stunden Praktikum immer noch nicht verstanden habe, was wir hier rausgefunden haben?
Es ist acht Uhr morgens in Düsseldorf und die Stadt scheint während der Semesterferien wie leergefegt. Vor den Forschungslaboren des Life Science Center hat sich eine kleine Gruppe von acht Medizinstudenten versammelt, die alle an dem freiwilligen Praktikum „Zell- und molekularbiologische Arbeitsmethoden“ teilnehmen. In ihrem Semester sind sie unter knapp 400 Studierenden eher allein mit dem Interessen an medizinischer Forschung. Doch woran liegt das? Und wo liegt überhaupt das Problem?
Fakt ist, dass sich der derzeitige Ärztemangel besonders in der klinischen Forschung zu einem ernst zu nehmenden Problem entwickelt. Dass sich in der Grundlagenforschung neben den Biologen auch Mediziner finden, ist eher die Ausnahme als die Regel. Problematisch wird es dann, wenn klinische Fragestellungen immer mehr in den Hintergrund geraten. Sich einem Problem auch aus medizinischer und nicht nur aus naturwissenschaftlicher Sicht zu nähern, ist für die Weiterentwicklung klinischer Behandlungsmethoden jedoch unerlässlich.
Geld lässt sich nicht in der Wissenschaft verdienen
Erklärungen für das Problem finden sich auf Anhieb viele: Forschung kommt, wenn dann immer zusätzlich zum stressigen Klinikalltag dazu. Geld wird nicht in der Wissenschaft, sondern in der Patientenversorgung verdient und Promotionen und Habilitationen entstehen mehr vor dem Hintergrund der Karriereplanung als aus rein wissenschaftlichem Interesse. Die Situation scheint aussichtslos, wenn sich nicht das gesamte System aus Forschung, Lehre und Krankenversorgung grundlegend ändert. Doch was ist es tatsächlich, das die Mediziner mehr als alle anderen Naturwissenschaftler so von der Forschung abzuschrecken scheint?
„Endlich habe ich mal verstanden, was wir die ganzen letzten Jahre in den Biochemiepraktika gemacht haben. Ich hätte nicht gedacht, dass ich so viel Spaß im Labor haben werde!“, lacht Katharina K. bei der Abschlussbesprechung des Wahlfaches. Die andern nicken zustimmend. Was ihnen allen im Studium gefehlt hat, war nicht das generelle Interesse an der Forschung. Es war eher die Möglichkeit, sich damit einmal so intensiv auseinander zu setzen wie in dieser Woche und die Labortechniken einmal tatsächlich verstehen zu können.
Revolution des Medizincurriculums?
Generell ist das Angebot an Kursen über wissenschaftliches Arbeiten an den medizinischen Fakultäten in Deutschland eher überschaubar. Das soll sich jetzt ändern: mit den acht Kernkompetenzen will die Universität Düsseldorf das Medizincurriculum revolutionieren. Eine davon heißt „wissenschaftliche Kompetenz“ und ist damit ebenso von grundlegender Bedeutung wie zum Beispiel die „diagnostische“ oder die „humanbiologische Kompetenz“. Aber reicht das tatsächlich aus, um Forschung im Medizinstudium leichter zugänglich zu machen?
Vielmehr als eine Lösung der Probleme ist die Verankerung der Forschung in den Kernkompetenzen ein erster kleiner Schritt in die richtige Richtung. Was jetzt folgen muss, ist die Umsetzung im Ablauf des Studiums und die tatsächliche Anwendung der Grundidee. Anreize schon im Studium schaffen – das sollte das Ziel sein, wenn man dem Ärztemangel in der Forschung entgegenwirken möchte. Wo, wenn nicht bereits bei den Studenten, werden sonst die Grundbausteine für die spätere Karriereplanung gelegt. Jung, unerfahren und neugierig lassen sich Studenten vor allem eins: begeistern.
Konkret bedeutet das: Kurs-, Seminar- und Praktikaangebote erweitern und vor allem aber auch die Anerkennung verbessern. Dies kann zum Beispiel durch das Angebot geschehen, sein Wahlfachtertial des praktischen Jahres im Labor verbringen zu können oder aber Famulaturen angerechnet zu bekommen, bei denen statt direktem Patientenkontakt das wissenschaftliche Arbeiten im Vordergrund steht. Generell sind die Möglichkeiten unbegrenzt und es gilt abzuwarten, inwiefern die Forderung des Deutschen Wissenschaftsrates nach einer Stärkung der wissenschaftlichen Kompetenz im Medizinstudium auch tatsächlich Umsetzung im Alltag des Studiums findet.
„Ich würde es mir wünschen“, sagt Katherina K., „es wäre toll, wenn der Rest meiner Kommilitonen auch erfahren würde, wie toll Wissenschaft sein kann.“ Dass vielleicht irgendwann nicht mehr die eigentlich vorlesungsfreie Zeit dafür verwendet werden muss, klingt als unausgesprochener Wunsch mit.