Das Zervixkarzinom zählt zu den häufigsten Krebsleiden bei Frauen. Weltweit erkranken etwa 500.000 Frauen jährlich, 350.000 versterben. Eine Heilung ist nur im Frühstadium oder bei vollständiger Tumorentfernung möglich. Ein therapeutischer Impfstoff soll das ändern.
Meistens ist eine frühere Infektion mit Humanen Papillomviren (HPV) der Grund für ein Zervixkarzinom. Anstecken kann man sich, wenn man mit infizierten Haut- oder Schleimhautpartien direkt in Kontakt kommt. Dies kann beim Geschlechtsverkehr sein, aber auch auf nicht-sexuellem Weg. So können beispielsweise während der Geburt die Viren übertragen werden. Etwa 80 Prozent aller sexuell aktiven Menschen infizieren sich mindestens einmal in ihrem Leben mit HPV. Meistens heilt die Infektion in einem Zeitraum von bis zu zwei Jahren ohne gesundheitliche Probleme wieder ab. Manchmal jedoch bleibt eine dauerhafte Infektion bestehen. Nur selten entwickelt sich aus solch einer chronisch persistierenden Infektion über mehrere Jahre ein Zervixkarzinom.
Das HPV ist ein unbehülltes Virus aus der Familie der Papillomaviridae. Seine DNA besteht aus etwa 8.000 Basenpaaren. Das Genom kann man in eine frühe Region (E, engl. early region) und eine späte Region (L, engl. late region) unterteilen. Die verschiedenen Abschnitte kodieren für insgesamt acht Virusproteine, die man – abhängig von der Region und ihrer Länge – E1, E2, E4, E5, E6, E7 sowie L1 und L2 genannt hat. Diese Virusproteine haben unterschiedliche Aufgaben. E1 und E2 beispielsweise benötigt das Virus für Replikation und Transkription, E4 für seine Freisetzung aus dem Zytokeratin und mit E5 induziert es bei der Wirtszelle die Produktion von Wachstumsfaktoren. Für Impfungen interessant sind E6 und E7 sowie L1, welches für die Hauptkomponente des Kapsidproteins kodiert.
Inzwischen sind mehr als 150 HPV-Typen bekannt. Etwa 40 HPV-Typen befallen vor allem den Genitalbereich und After, aber nur zwölf sog. Hochrisiko-HPV erhöhen die Wahrscheinlichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt an einem Zervixkarzinom zu erkranken. Die wichtigsten Hochrisiko-HPV sind HPV 16 und HPV 18, die sich bei rund 70 Prozent der Zervixkarzinome nachweisen lassen. Dies bedeutet aber nicht, dass eine Infektion mit diesen beiden Hochrisiko-HPV zwangsläufig zu einer Krebserkrankung führt. Nach der Infektion schaltet HPV Kontrollmechanismen aus. Verantwortlich sind vor allem die Onkoproteine E6 und E7. Das virale E6 bildet mit dem p53 einen Komplex und sorgt so dafür, dass p53 schneller abgebaut wird und so nicht mehr die Entstehung von Krebs verhindern kann. E7 kann viele verschiedene Proteine binden. Eines sind die Tumorsuppressoren der Retinoblastom-Familie. Die Folge ist, dass die Zellteilung stimuliert wird.
Seit 2007 ist ein präventiver Impfstoff verfügbar. Dieser schützt vor bestimmten HPV-Typen. Bei einer bestehenden Erkrankung und Gewebeveränderungen ist dieser jedoch wirkungslos. Derzeitige Behandlungsansätze für bereits erkrankte Frauen sind – abhängig von der Ausdehnung und Größe des Tumors sowie Alter und Belastbarkeit der Patientin – operative Eingriffe, Chemo- und Strahlentherapie. Wird die Erkrankung noch im Frühstadium entdeckt, haben die Patientinnen eine gute Heilungschance. Beim rezidivierten metastasierten Zervixkarzinom können Chemotherapie und Bestrahlung den Tumor nur begrenzt entfernen – wird die Patientin allerdings öfters behandelt, erhöht sich auch die Toxizität. Molekularbiologische Methoden spielen bei der Behandlung kaum eine Rolle und therapeutische Impfstoffe sind noch nicht erhältlich.
Das Bakterium Listeria monocytogenes löst die sogenannte Listeriose aus. Das ist eine Erkrankung, die einem grippalen Infekt mit Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall ähnelt. Bei intaktem Immunsystem verläuft die Infektion in der Regel symptomlos, gefährlich ist die Erkrankung u. a. in der Schwangerschaft. In den Körper gelangen die Listerien über verunreinigte Lebensmittel. Im Dünndarm angekommen, dringen die Krankheitserreger in die Enterozyten oder M-Zellen ein. Zwar werden sie anschließend von Makrophagen phagozytiert, allerdings können die Bakterien mithilfe eines Toxins, dem Listeriolysin O, aus dem Endosom der Zelle entkommen und sich im Zytoplasma der Wirtszelle vermehren. Die bakterienspezifischen Antigene werden sowohl über MHC-1- als auch über MHC-2-Komplexe präsentiert, wodurch sowohl CD8+T- als auch CD4+ T-Zellen aktiviert werden. Diese Kombination macht die Bakterien als therapeutischen Impfstoff interessant. Grund genug für das amerikanische Unternehmen Advaxis, einen therapeutischen Impfstoff mit abgeschwächten Listerien zu entwickeln. Den Bakterien fehlt ein bestimmter Transkriptionsfaktor, der für den Virulenzfaktor wichtig ist. ADXS-HPV, so der Name des Impfstoffes, greift das Virusprotein E7 an und kann zur Therapie des fortgeschrittenen Zervixkarzinoms bei verschiedenen HPV-Infektionen eingesetzt werden. Denn die E7-Proteine verschiedener HPV sind sehr ähnlich.
ADXS-HPV ist nicht der erste therapeutische Impfstoff. Beispielsweise entwickelten Forscher der Universität von Pennsylvania, Philadelphia, einen Impfstoff, der aus zwei DNA-Plasmiden besteht. Dieser enthält die Onkogene E6 und E7. Nach der Injektion wird mit einem Spezialgerät ein elektrisches Feld erzeugt, das die Aufnahme der Plasmide in die Immunzellen erleichtern soll. Anschließend kommt es zu einer Abwehrreaktion, bei der auch T-Zellen gebildet werden. Diese patrouillieren im gesamten Körper und greifen die von HPV infizierten Zellen an. Der DNA-Impfstoff wurde bereits in einer randomisierten klinischen Phase 2b-Studie mit 167 Teilnehmerinnen getestet. Das primäre Ziel der Studie, nämlich eine Abheilung oder Regression der Krebserkrankung, wurde bei 48 Prozent der Frauen aus der Impf- und bei 30 Prozent aus der Kontrollgruppe erreicht. Laut den Forschern wurde der Impfstoff gut vertragen. Nach Angaben des Hersteller Inovio soll dieser Impfstoffe in einer Phase-3- Studie getestet werden.
Getestet wurde ADXS-HPV in einer einarmigen, nicht-verblindeten Phase-2-Studie an 26 bzw. 24 Frauen mit rezidivierendem oder metastasiertem Zervixkarzinom (Stufe 1 bzw. 2). Ziel der Studie, war es, die Wirksamkeit und Verträglichkeit des Impfstoffes herauszufinden. Das pogressionsfreie Überleben, Gesamtüberleben sowie objektives Ansprechen bildeten die sekundären Endpunkte. Die Patientinnen hatten entweder eine, zwei, drei oder mehr Dosen des Impfstoffes erhalten. Laut Advaxis betrug die 12-Monate-Überlebensrate bei den 18 Frauen aus Stufe 1, denen drei oder mehr Behandlungen verabreicht worden waren, knapp 56 Prozent. Aus Stufe 2 lebten von den Frauen, denen der Impfstoff mindestens dreimal verabreicht worden war, nach sechs Monaten noch 8 von 12 Teilnehmerinnen (67 Prozent) verglichen mit 42 Prozentn (10 von 24). Bei beiden Stufen betrug das 12-Monate-Gesamtüberleben etwa 38 Prozent. Nimmt man an, dass nur 25 Prozent der Frauen mit der Standardtherapie nach einem Jahr noch leben, würde der Impfstoff die Überlebensrate um 52 Prozent erhöhen. Dieser Wert wurde aus der Literatur entnommen, nicht selbst ermittelt. Nachteil der Behandlung waren die unerwünschten Nebenwirkungen. Über 90 Prozent der Teilnehmerinnen klagten über Beschwerden wie Fatigue, Fieber, Übelkeit, Schüttelfrost oder das „Cytokine Release Syndrom“, bei dem inflammatorische Zytokine freigesetzt werden. Problematisch bei dieser Studie ist das nicht-verblindete Studiendesign, das auch ein Grund für die hohe Anzahl an Nebenwirkungen sein könnte, sowie die geringe Teilnehmerzahl. Advaxis jedenfalls ist von seinem Impfstoff überzeugt und möchte diesen demnächst in einer multinationalen, randomisierten Phase-3-Studien testen.