Seit Kontrazeptiva nicht mehr zur Regelleistung gesetzlicher Krankenkassen gehören, suchen Gesundheitspolitiker nach Alternativen. Modellprojekte gibt es zur Genüge. Nicht immer gelingt es, die eigentliche Zielgruppe zu erreichen.
Menschen mit geringem Einkommen können sich Arzneimittel, die sie selbst bezahlen müssen, nicht immer leisten. Dazu gehören Bezieher von Hilfe zum Lebensunterhalt oder zur Grundsicherung, von Arbeitslosengeld II, von Wohngeld, Kinderzuschlägen oder von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Manche Apotheker haben sich auf freiwilliger Basis entschlossen, OTCs verbilligt abzugeben. In Bayern ist unter anderem die Medikamenteninitiative München entstanden.
Das reichte auf Dauer jedoch nicht aus. Kosten für empfängnisverhütende Mittel werden von GKVen nur bis zum 20. Lebensjahr übernommen. Danach müssen Frauen Verhütungsmittel aus dem Regelsatz für Gesundheitspflege bestreiten. München erstattet die Ausgaben auf freiwilliger Basis. Dafür hat die Stadt 1,6 Millionen Euro ihres Budgets vorgesehen. Erste Analysen nach einjähriger Laufzeit verliefen ernüchternd. Laut Sozialreferentin Brigitte Meier seien nur 34.500 Euro abgerufen worden. Das entspreche dem Bedarf von 450 Frauen. Trotz Medienberichten, Websites und Plakaten in Beratungsstellen ist es nicht gelungen, bedürftige Frauen zu erreichen.
Ein anderes Modellprojekt wurde in Schwerin und im früheren Landkreis Demmin durchgeführt. Ziel war, die hohe Abtreibungsrate zu senken. Frauen, die Sozialleistungen erhielten, bekamen kostenfrei Verhütungsmittel. Die meisten der 430 Teilnehmerinnen hatten eigenen Angaben zufolge bislang die Pille gewählt. Rund 80 Frauen hatten bei Befragungen angegeben, in den vergangenen zwölf Monaten gar nicht verhütet zu haben. Mehr als die Hälfte führte zur Erklärung hohe Kosten an.
Jetzt kommt ein neuer Vorstoß aus Hannover. SPD und Grüne haben einen Antrag formuliert. Ihr Ziel ist, Frauen mit geringem Einkommen bundesweit bei der Kontrazeption zu entlasten. Der Vorschlag lässt einige Fragen unbeantwortet. Ob die Kosten aus Steuermitteln oder Beiträgen der GKV kommen werden, ist derzeit offen. Der GKV-Spitzenverband favorisiert Bundesmittel, hält aber eine gesellschaftspolitische Diskussion für erforderlich. Sollte die Initiative auf Erfolg stoßen, bleibt noch ein zentraler Punkt: Wie gelingt es, Anspruchsberechtigte flächeneckend zu erreichen?