Thomas Georg Schätzler ist Facharzt für Allgemeinmedizin im Ruhrgebiet. Im Interview mit DocCheck News erklärt er, warum das Bloggen für ihn ein ideales Mittel ist, um gesellschaftskritische Analysen zu schreiben, die Wissenschaft zu hinterfragen und medizinische Reflexionen zu betreiben.
DocCheck: Ein paar Worte zu Ihrer Person: Wer sind Sie und wo leben Sie? Welche Hobbys und Interessen haben Sie?
Schätzler: Ich bin Facharzt für Allgemeinmedizin, seit 1992 mit eigener Praxis im Zentrum von Dortmund. Ich lebe und arbeite seit 1975 im Ruhrgebiet. Geboren 1950 in Berlin, Studium in Bonn, Berlin und Sydney. Weiterbildung in Chirurgie, Innere Medizin, Gynäkologie und Geburtshilfe. 10 Jahre wissenschaftliche und praktische Betätigung in der Familienplanung, Schwangerschaftskonflikt- und Sexualberatung bei der AWO/Essen.
Ich habe drei erwachsene Kinder, bin von der Mutter aber langjährig geschieden. Meine verstorbene Lebensgefährtin hat vier Kinder großgezogen und zwei Enkelkinder miterlebt. Die Medizin ist mein Leben seit meiner Jugend, aber auch Theater (Schaubühne/B), eigene Musikprojekte (Gesang/DO, Gitarre), Oper (Aalto/E, Trienale/BO), Konzert (Rolling Stones bis Berliner Philharmoniker), Literatur (Bert Brecht, Ernst Jandl, John Irving) und Bildende Künste (W. M. Turner, Im-, Expressionisten, Moderne). Rudern, Schwimmen, Ski- und Radfahren, selbst Kochen, Essen gehen, Rotweine, Schreiben. Reisen in Europa und Alaska.
DocCheck: Was macht Ihnen an Ihrem Beruf besonders viel Spaß?
Schätzler: Die Abwechslung: Von der Wiege bis zur Bahre: familienorientierte hausärztliche Allgemeinmedizin mit Schwerpunkt Adoleszenten-Medizin, Neuraltherapie, Orthopädie, Kardiologie, Pulmologie, Diabetes, Endokrinologie, Neurologie und kniffliger Differenzialdiagnostik bei täglich neuen Herausforderungen. Gut vernetzte fach- und regionsübergreifende Teamarbeit. DocCheck: Wie sind Sie zum Bloggen gekommen?
Schätzler: Ich habe schon immer gerne geschrieben. Meine Bonner Abi-Klasse von 1968 kennt heute noch den Titel meines Schul-Aufsatzes „Ich bin ein kleiner Koffer“. Später habe ich bei „Dr. med. Mabuse“ geschrieben und sogar in der „Emma“ einen großen Artikel über die Krebsproblematik verfasst (meine damalige Freundin war die offizielle Autorin). Wie jeder ordentliche junge Mensch war ich auch mal „Salon-Sozialist“ und habe in der Zeitung „Arbeiterkampf“ veröffentlicht. Als meine Lebensgefährtin, mit der mich eine ganz große Liebe verband, und ich selbst (Rezidiv eines Non-Hodgkin-Lymphoms Stadium IVa) 2006/2007 so schwer krank wurden, begann das Schreiben und Bloggen ab Herbst 2009 eine Art Ventil zu werden, mit dem ich meine Gefühlswelt besser verarbeiten konnte.
DocCheck: Worin besteht für Sie die Motivation des Bloggens?
Schätzler: Ich will mich damit selbst ausdrücken und mitteilen. Meine literarischen, moralisch-ethischen Positionen ausloten, wissenschaftliche, kulturelle, medizinische, sozialpolitische und sozialpsychologische Reflexionen betreiben.
DocCheck: Haben Sie vor dem Bloggen bereits Erfahrungen mit dem Texten bzw. Schreiben von Artikeln oder Beiträgen gesammelt?
Schätzler: Neben dem bereits Erwähnten, kommentiere ich regelmäßig FAZ-Wissenschaft, Medscape Deutschland und Medscape International und einige andere Magazine. Beruflich habe ich früher Presse und Öffentlichkeitsarbeit für den AWO-Bundesverband und die AWO-Niederrhein betrieben. In Abständen schreibe ich Editorials für die Fachzeitschrift „DER ALLGEMEINARZT“. DocCheck: Wie würden Sie die Reaktionen Ihrer Leser beschreiben?
Schätzler: Nicht alle mögen es, wenn ich versuche, mit meinen Mitteln, den Dingen auf den Grund zu gehen. Sich eine eigene Meinung zu bilden, ist allemal besser, als keine Meinung zu haben. Und nur eine „klare Kante“ mit ordentlichen Quellenangaben und halbwegs logischen Argumenten kann Diskussionen anregen und weiterbringen. Ich habe dadurch sehr viele gute Freundinnen und Freunde gefunden, mit denen ich regelmäßig in Kontakt stehe. DocCheck: Wie gehen Sie mit negativen Äußerungen und Kritik um?
Schätzler: Fachlich und sachlich begründete Kritik greife ich sehr gerne auf. Wenn mir etwas partout nicht passt oder mich ärgert, schlafe ich grundsätzlich mindestens eine Nacht darüber. Denn oft verstehe ich erst am nächsten Morgen, wo der berechtigte Kern liegt.
DocCheck: Suchen Sie den Kontakt zu interessierten Lesern und antworten beispielsweise auf Kommentare?
Schätzler: Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich auch mal polemisch antworten kann. Ich suche aber immer den Kontakt auf Augenhöhe, um fair zu bleiben. DocCheck: Woher nehmen Sie die Inspiration für Ihre Geschichten und Beiträge?
Schätzler: Es passiert oft, dass ich schon förmlich rieche, an welcher scheinbar wissenschaftlichen Publikation etwas „oberfaul“ ist. Mein Steckenpferd sind nun mal mathematische Fehler, pseudostatistische Tautologien und falsche Analogien bzw. Verwechselung von Kausalität, Koinzidenz oder Co-Faktoren. Dann bringt der Blick hinter die Kulissen des Wissenschaftsbetriebs Inspirationen genug. Glücklicherweise kann ich durch meine zahlreichen Auslandsaufenthalte Englisch fließend lesen, schreiben und sprechen. Französisch, etwas Spanisch und Italienisch kommen noch hinzu. Manchmal fotografiere ich auch etwas und sofort fällt mir ein dazu passender Blogbeitrag ein.
DocCheck: Schreiben Sie gerne über polarisierende und kontroverse Themen?
Schätzler: Besonders gerne schreibe ich über Doppelbödigkeit, Doppelmoral, Scheinheiligkeit, Überheblichkeit und logische Irrtümer. Irrungen und Wirrungen der „Gesundheits“-Politik, welche eigentlich reine „Krankheits“-Politik bedeutet, nehme ich besonders gerne aufs Korn. Viele selbsternannte „Gesundheits-Politiker“ sind allerdings auch Medizin- und Versorgungs-bildungsfern.
DocCheck: Wie viel Zeit nimmt das Bloggen in Ihrem Alltag ein?
Schätzler: Lesen, Recherchieren und Schreiben – mindestens 20 bis 30 Stunden pro Woche. Seit einigen Jahren schreibe und versende ich meinen Newsletter mit aktuellen Berichte und Kommentaren zu Medizin, Gesundheitspolitik, Gesundheitsökonomie und Ethik ohne partei- oder funktionärsgesteuerte Hintergründe. Dieser richtet sich an ca. 450 Freundinnen und Freunde, Kollegen, Meinungsbildner und Entscheidungsträger in Politik, Kultur, Wissenschaft, Forschung und Entwicklung, Medien und Öffentlichkeit. Die Auswahl meiner Beiträge und Kommentare reflektiert meine persönliche Meinung, ohne Beeinflussung durch Interessengruppen. Wer sich dafür interessiert, kann seine E-Mail-Anschrift auf meinem DocCheck-Account hinterlegen.
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