Schneematsch und Regen verwandeln so manche Offizin in eine Rutschbahn. Jetzt hat das Amtsgericht München entschieden, dass für Apotheken weniger strenge Auflagen gelten als für Kaufhäuser oder Supermärkte. Im Winter müssten Kunden eine gewisse Feuchtigkeit des Bodens hinnehmen.
Im letzten Jahr forderte der Winter seinen Tribut. Eine Kundin betrat ihre Apotheke in Unterhaching bei München. Sie rutschte aus, stürzte und fiel unglücklich zu Boden. Aufgrund einer Radiusköpfchenfraktur am rechten Ellenbogen musste sie sich unter das Messer begeben. Vom Inhaber forderte die Patientin 2.067 Euro Schadensersatz und mindestens 1.500 Euro Schmerzensgeld. Sie argumentierte, der Apothekenleiter habe seine Sicherheitspflichten verletzt. Doch er weigerte sich, die Summe zu bezahlen. Der Gang vor den Kadi folgte.
Für das Amtsgericht München ergab sich folgendes Bild der Geschehnisse: Am Tag des Unfalls lag Schnee. Die Fußwege vor der Apotheke waren teilweise geräumt. Das bedeutet, Schnee gelangte unweigerlich in die Offizin. Im Eingangsbereich befanden sich zwei große Fußmatten als Dreckfänger. Zum Zeitpunkt des Unfalls war eine Reinigungskraft außerdem gerade damit beschäftigt, den Boden zu wischen.
Nach detaillierter Betrachtung wiesen Richter die Klage jedoch ab (Az.: 274 C 17475/15). Im Kern befassten sie sich mit der Frage, ob der Inhaber gegen Verkehrssicherungspflichten verstoßen hat. Laut Urteil seien „Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind“. Das heißt im Klartext, für öffentliche Apotheken gelten nicht die gleichen Anforderungen wie für große Kaufhäuser. Einerseits werde die Einsehbarkeit des Bodenbereichs für Kunden nicht signifikant einschränkt, argumentierten Justitias Vertreter. Andererseits ginge von den Auslagen und vom Freiwahlsortiment einer Apotheke keine besondere Ablenkungswirkung aus.
Kunden einer Apotheke könnten sich nicht darauf verlassen, ideale Bedingungen in der Offizin vorzufinden. Vielmehr sei es ihre Aufgabe, sich den Gegebenheiten des Wetters anzupassen. Im Winter sei mit einer gewissen Feuchtigkeit des Bodens zu rechnen – dies lasse sich selbst durch mehrmaliges Wischen nicht verhindern. Bereits nach wenigen Personen ist die Oberfläche wieder nass. Für Inhaber bietet das Urteil zumindest etwas Sicherheit. Sie müssen neben diversen Pflichten nicht noch mehr Zeit und Geld in die Reinigung ihrer Apotheke stecken.