Sie sind gesund. Oder doch nicht? Forscher fanden in Experimenten kürzlich heraus, dass Antioxidantien entgegen aller Erwartungen eine bestehende Tumorerkrankung eher noch schlimmer machen.
Erhielten Mäuse die als gesund propagierten Radikalfänger verabreicht, verdoppelte sich deren Metastasierungsrate bei Hautkrebs. Ganz ähnliche Ergebnisse sahen die Wissenschaftler bei menschlicher Haut und auch bei Lungenkrebs. Ihre Empfehlung: Krebspatienten sollten antioxidative Nahrungsergänzungen besser meiden!
Aggressiver Lungenkrebs
Bereits zuvor war bekannt geworden, dass an Lungenkrebs erkrankte Mäuse mit Antioxidantien zu einer höheren Aggressivität ihres Tumors neigten. Die Lungentumoren wuchsen in jenen Tieren dann sehr viel schneller. Darüber hinaus stieg die Metastasierungsrate menschlicher Tumorzellen im Versuch messbar an. Sensibilisiert durch ihre Studien, untersuchten die Forscher der Universität Göteborg nun aktuell den Einfluss der Oxidantien auf Hautkrebs. Am malignen Melanom erkrankte Mäuse erhielten als Antioxidans das N-Acetylcystein (NAC). Die für die Tiere errechnete Dosierung entsprach der Dosierungsempfehlung für den Menschen von etwa 665 bis 1.330 Milligramm pro Tag. Antioxidantien, wie das Vitamin C, gelten gemeinhin als sehr gesund.
Doch das Ergebnis der Studie war erschreckend und eindeutig zugleich: Diejenigen Mäuse, die das Antioxidans erhalten hatten, litten an doppelt so vielen Metastasen wie die Kontrolltiere. Darüber hinaus war bei den betroffenen Tieren sowohl die Zahl der befallenen Lymphknoten, als auch die Menge der Tumorzellen in den Einzelmetastasen deutlich erhöht. Die Primärtumoren waren jedoch unverändert. Gerade Metastasen sind aber beim Hautkrebs ein schwerwiegendes Problem und stellen die Haupttodesursache dar. Vermutlich helfen die Antioxidantien den wandernden Tumorzellen, sich auszubreiten. Krebszellen, die einen gut vaskularisierten Tumorherd verlassen, sehen sich normalerweise oxidativem Stress ausgesetzt. Das NAC aber schafft als Radikalfänger ein „ruhiges“ Milieu für die wandernden Tumorzellen, was schließlich deren Erfolg garantieren könnte.
Antioxidantien besser vermeiden?
Angesichts solcher Ergebnisse raten die Forscher allen Krebspatienten dringend davon ab, Nahrungsergänzungsmittel mit Antioxidantien einzunehmen. Die Hoffnung, damit die Krebstherapie zu unterstützen, könnte falsch sein. Patienten mit Hautkrebs müssen auch noch etwas anderes als die Ernährung beachten: Die Haut-Lotionen sowie Sonnenmilch, die wir uns zur täglichen Pflege auftragen, enthalten nicht selten Beta-Karotin und/oder Vitamin E, die ebenfalls antioxidativ wirken. Obgleich diese Substanzen nicht Gegenstand der aktuellen Studie waren, könnten sie doch Hautkrebs auf eine ähnlich negative Weise beeinflussen wie die Antioxidantien aus Nahrungsergänzungsmitteln.
Fazit
Das lange propagierte „viel hilft viel“ in Bezug auf Antioxidantien scheint zumindest bei Krebspatienten falsch zu sein. Sie profitieren nicht von der Behandlung mit antioxidativen Nahrungsergänzungsmitteln, erleben im Gegenteil dazu einen deutlich aggressiveren Verlauf z. B. bei Haut- und Lungenkrebs.
Quelle:
Antioxidants can increase melanoma metastasis in mice Kristell Le Gal et al.; Science Translational Medicine, doi: 10.1126/scitranslmed.aad3740; 2015