Der Malaysische Ginseng (Tongkat Ali) wird in weiten Teilen Südostasiens seit jeher eingesetzt, um die Kraft und Stressresistenz des Mannes zu erhöhen. Dass dies nicht allein dem Reich des Mystizismus zuzuschreiben ist, veranschaulicht die zunehmende Zahl an wissenschaftlichen Studien – ein Überblick.
Tongkat Ali, oder Eurycoma longifolia, so sein botanischer Name, ist ein tropischer Baum, der vor allem in den Regenwäldern Malaysias und Südostasiens gedeiht. Für die medizinische Anwendung besonders wertvoll sind die Wurzeln der Pflanze. Diese enthalten unter anderem Eurycomanon und weitere Eurypeptide, die z. B. auf die Muskulatur, die Libido oder den Testosteronspiegel von Männern Einfluss nehmen.
Tongkat Ali wirkt auf freies Testosteron
Der altersbedingte Rückgang des Testosterons bis hin zum sekundären Hypogonadismus geht mit einer Reihe physischer und psychischer Veränderungen einher: Der Körperfettgehalt nimmt zu, während sich die Muskelmasse des Körpers verringert. Darüber hinaus treten häufig aufgrund der Lebensumstände verstärkt Verstimmungen, Lustlosigkeit, Anspannung und Stress hinzu, was die Lebensqualität der Männer weiter absenkt. Hier kann Eurycoma longifolia in milden Fällen als alternatives Therapeutikum durchaus in Erwägung gezogen werden. Der Pflanzenextrakt fördert den Katabolismus, erhöht z. B. die Muskelkraft und reduziert den Fettanteil des Körpers.(1-3) Darüber hinaus reduzierte Tongkat Ali in Studien statistisch signifikant die Rate der Anspannung und Verstimmungen um 11 % bzw. 12 %, was sich ebenso im gemessenen Cortisol-Spiegel niederschlug. Cortisol als Stressmarker nahm dabei um insgesamt 16 % ab. Gleichzeitig stieg das Testosteron im Blut der Patienten um 37 % an.(4) Dieser positive Einfluss auf die Testosteronkonzentration wurde in weiteren Studien bestätigt. In einer Arbeit von Tambi und Kollegen beispielsweise stieg der Testosteronwert mit täglich 200 mg Tongkat Ali-Extrakt von 5,66 ± 1,52 nmol/l auf 8,31 ± 2,47 nmol/l an.(5)
Wo setzt Eurycoma longifolia an?
Die genauen molekularen Zusammenhänge der testosteronsteigernden Wirkung von Tongkat Ali sind weitestgehend unbekannt. Sehr wahrscheinlich haben jedoch etwa 4,3 kDa große Moleküle aus dem wässrigen Extrakt einen Einfluss auf die Testosteronsynthese.(6) Diese sogenannten Eurypeptide greifen in die Steroidsynthese ein und führen zu einem Überschuss an DHEA, einer Vorstufe des Testosterons. Ein zweiter wichtiger Inhaltsstoff der Eurycoma-Wurzel ist das Eurycomanon, welches im Tierversuch das testikuläre Testosteron erhöhte. Ausschlaggebend dafür scheinen Wirkungen auf die LH- und FSH-Ausschüttung zu sein. Darüber hinaus blockiert Eurycomanon die Aromatase, ein Enzym, welches beim alternden Mann vornehmlich im abdominalen Fett vorkommt und Testosteron in Östrogen umwandelt. Dies unterstützt zusätzlich einen stabileren Testosteronspiegel bei den betroffenen Männern.(7,8)
Tongkat Ali oder Testosteronersatz?
Da Eurycomanon und Eurypeptide keine Strukturmerkmale mit Testosteron teilen, wird der Feedbackmechanismus im Körper nicht beeinflusst. Anders bei der Testosteronsubstitution: Hier wird dem Körper von außen Testosteron zugeführt, was im Gehirn dazu führt, dass weniger LH und FSH ausgeschüttet werden. In der Folge bildet der Körper auch weniger eigenes Hormon. Tongkat Ali führt indes dazu, dass der Testosteronwert im Blut steigt und sich die Hormonsynthese selbst über Feedbackmechanismen einregelt.
Cave: Einsatz bei Prostatakarzinom unklar
Da Tongkat Ali aktiv auf den Testosteronspiegel Einfluss nimmt, besteht bei Patienten mit Prostatakarzinom ein potenzielles Risiko für Probleme. Andererseits konnte in ersten Studien eine deutliche krebshemmende Wirkung von Tongkat Ali-Extrakt auf Prostatakarzinomzellen festgestellt werden. Klinische Studien hierzu fehlen allerdings, genauso wie auch für die Auswirkungen einer Testosteronersatztherapie auf das Prostatakarzinom. Interessanterweise
zeigten Ismail und Kollegen jedoch, dass die Extrakte aus Eurycoma longifolia bei Männern ohne Prostatakarzinom keinen generellen PSA-Wert-Anstieg verursachten.(9) Dieser Befund konnte auch von Abohamra und Mitarbeitern mit der Testosteron-abhängigen Zelllinie LNCaP bestätigt werden. Dies deutet darauf hin, dass die Funktionalität der Prostata durch Tongkat Ali nicht beeinträchtigt wird.(10)
(Anm. d. Autors: Tongkat Ali ist in Europa (ergo Deutschland) derzeit noch nicht zu beziehen. Möglicherweise wird der Pflanzenextrakt aber ab 2016 auch hierzulande zur komplementärmedizinischen Versorgung bei mildem Testosteronmangel verfügbar sein.)
Quellen:
1 Hamzah S & Yusuf A., Br J Sports Med 2003; 37:465-466
2 George A et al., J Sports Med Doping Stud 2013; 3:127
3 Henkel R et al., Phytother Res 2014; 28:544-550
4 Talbot SM et al., J Int Soc Sports Nutr 2013; 10:28
5 Tambi MIBM et al., Andrologia 2012; 44:226-230
6 Sambandan TG et al., 2006; Patent no.: US 7,132,117 B2
7 Low BS et al., J Ethnopharmacol 2013; 149:201-207
8 Low BS et al., J Ethnopharmacol 2013; 145:706-714
9 Ismail SB et al., Evid Based Complement Alternat Med 2012: 429268
10 Abohamra H., Effect of Eurycoma longifolia (Tongkat Ali) on the prostate cancer cell line LNCaP; 2014; MSc Arbeit an der University of the Western Cape, Bellville, Südafrika
(aus DER PRIVATARZT Urologie 3/2015)