Aufgrund von bis zu 30 Jahre alten Befragungen zum Alkoholkonsum schlussfolgerten Forscher nun, dass moderater Alkoholkonsum das Risiko für eine Krebserkrankung bei nicht rauchenden Männern nur minimal erhöht. Nichtraucherinnen hätten bereits ab einem Drink pro Tag erhöhte Brustkrebsrisiken. Die Auswertungen zweier prospektiver Studien in den USA sind wissenschaftlich völlig unbrauchbar.
Cao Y et al. wollten mit "Light to moderate intake of alcohol, drinking patterns, and risk of cancer: results from two prospective US cohort studies. BMJ 2015; 351: h4238" beweisen, dass bereits ganz geringe Mengen von Alkohol Risiken und Erkrankungshäufigkeiten an Krebs erhöhen könnten. Dazu benutzten Sie zwei voneinander unabhängige Großstudien, bei denen diese Fragestellung als Ausgangshypothese gar nicht vorkam: Datenmaterial aus der Nurses' Health Study (NHS) und der Health Professionals Follow-up Study (HPFS).
Im chaotischen Strudel ihrer vorgefassten Meinungen, Ergebnisse und abwegigen Schlussfolgerungen bemerkten sie gar nicht, dass etwas nicht stimmen konnte: Wenn bei 88.084 Frauen 19.269 Krebsfälle und bei 47.881 Männern nur 7.571 Krebsfälle aufgetreten waren, beträgt die Krebshäufigkeit (Inzidenz) bei den Frauen im Beobachtungszeitraum 21,88 Prozent und bei den Männern dagegen nur 15,81 Prozent.
Ein Unterschied des relativen Krebserkrankungs-Risikos (relative risk (RR)) von Männern zu Frauen von 38,4 Prozent macht jegliche krankheitsepidemiologische Aussage unmöglich.
Hinzu kommt, dass der erhebliche und über dreifach höhere Alkoholkonsum bei Männern [„Median consumption of alcohol was 1.8 g/day in women and 5.6 g/day in men at baseline“] von 5,6 Gramm/Tag gegenüber nur 1,8 Gramm/Tag bei Frauen einen massiven protektiven Effekt auf Krebserkrankungen bei Männern gehabt haben müsste. Deren Krebsinzidenz lag um 27,74 Prozent niedriger! An die absurde Schlussfolgerung, dass 3-fach höherer Alkoholkonsum bei Männern hochsignifikant vor Krebserkrankungen s c h ü t z e n könnte, wollten sich die Studienautoren allerdings gar nicht erst heranwagen.
Sie haben angesichts ihres widersprüchlichen Alkohol-Krebs-Männer-Frauen-Zahlensalats einfach ihre Augen geschlossen gehalten und blindlings Unfug publiziert.
Unter ‚rapid responses‘ habe ich dazu einen Kommentar im British Medical Journal publiziert:
Concerns about Light to moderate intake of alcohol, drinking patterns, and risk of cancer: results from two prospective US cohort studies:
The publication of Cao Y et al. is not at all a prospective study. Even the authors themselves consider their investigations as a follow-up study: „Results - During up to 30 years of follow-up of 88 084 women and 47 881 men, 19 269 and 7 571 incident cancers were diagnosed, respectively“.
Their methodology is weak. They seem not to have noticed that in their female population 21.88 percent incident cancers were diagnosed whereas only 15.81 percent incident cancers occurred in their male population. This is an increasing relative risk (RR) of 38.4 percent between men and women.
On the contrary, more than three times higher alcohol consumption [„Median consumption of alcohol was 1.8 g/day in women and 5.6 g/day in men at baseline“] lead to 27.74 percent lower incident cancer in men.
Participants of the Nurses' Health Study (NHS) and the Health Professionals Follow-up Study (HPFS) had been interrogated about their alcohol consumption up to 30 years ago. Their cancer incidence had been continuously studied but their further habits of drinking alcohol was not accurately controlled. This should not lead to the absurd conclusion that three times higher intake of alcohol is followed by a significantly lower incidence of cancer in men. But it demonstrates quite clearly the gap between fact and fiction in this BMJ-publication.
Competing interests: No competing interests
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