Testosteron gilt allgemein als das „Männerhormon“. Doch in den vergangenen Jahren begann das Bild Stück für Stück zu bröckeln. Denn auch Frauen haben Testosteron und auch bei ihnen beeinflusst das Steroid zahlreiche Körperfunktionen. Besonders interessant: Testosteron könnte eine Rolle bei der Brustkrebs-Prävention spielen.
Testosteron wird im weiblichen Körper vor allem in den Eierstöcken und in der Nebennierenrinde gebildet. Seine Konzentrationsspitze liegt bei der Frau etwas oberhalb des 20. Lebensjahres. Ab Mitte 30 sinkt der Hormonspiegel für Testosteron langsam ab und einige Frauen zeigen dann erste Symptome eines Androgenmangels. Das fehlende Testosteron zu ersetzen, könnte deshalb auch bei der Frau zukünftig eine Rolle spielen.
Testosteron schützt die weibliche Brust
Es gibt zudem Hinweise darauf, dass Testosteron vor Brustkrebs schützen kann. Das Hormon vermittelt seine krebshemmende Wirkung über den Androgenrezeptor, der in 80 – 85 % der Brusttumoren gebildet wird. Androgenrezeptor-positive Tumoren haben in der Regel eine bessere Prognose und höhere Überlebensraten.
Übergewicht lässt Testosteronvorteil schrumpfen
Fettleibigkeit und Diabetes mellitus stören jedoch die Schutzwirkung des Testosterons im weiblichen Organismus. Insbesondere das dadurch verursachte hormonelle Ungleichgewicht und die chronischen Entzündungsreaktionen lassen die Aromatase-Expression im Brustgewebe ansteigen. Durch das Enzym Aromatase wird Testosteron zu einem Teil in Östrogen umgewandelt. Das normalerweise zwischen den beiden Hormonen bestehende Gleichgewicht wird aufgehoben und hormonsensitive Tumorzellen nutzen den Überschuss an Östrogen für ihr unkontrolliertes Wachstum. Dennoch gibt es moderne Wege, eine Testosterontherapie ohne das höhere Risiko für eine Umwandlung von Testosteron in Östrogen zu beginnen.
Testosteron-Implantate sind ein hoffnungsvoller Ansatz
Glaser & Dimitrakakis demonstrierten in einer ihrer Studien, dass die kombinierte Gabe von Testosteron (60 mg) und Aromatasehemmer Anastrozol (4 mg) gegen das Mammakarzinom wirken könnte. Die Implantate wurden direkt neben den Brustkrebs-Herd eingebracht und setzten dort kontinuierlich Testosteron und Aromatasehemmer frei. Die Forscher nutzten den direkten hemmenden Effekt des Testosterons auf die Brustkrebszellen. Die Umwandlung von Testosteron zu Östrogen war dabei nicht zu befürchten. Es zeigten sich zudem keine unerwünschten Wirkungen bei dieser Behandlungsmethode. Dennoch darf nicht vergessen werden, dass randomisierte kontrollierte Studien zur Wirksamkeit von Androgenen in der Brustkrebs-Prävention und ebenso bei dessen Behandlung nach wie vor fehlen.
Fazit
Brustkrebs beim Mann immer noch zu oft vernachlässigt!
Brustkrebs ist längst nicht mehr nur Frauensache. Heute erkranken jährlich bis zu 600 Männer neu an einem Brustkrebs. Meist wird die Erkrankung sehr lange ignoriert. Vor allem auch deshalb, weil Mann zu wenig darüber weiß, dass er überhaupt an Brustkrebs erkranken kann. In vielen Fällen ist es dann aber bereits zu spät, um noch therapeutisch eingreifen zu können. Daher sollten Männer die regelmäßige Früherkennungsuntersuchung beim Urologen wahrnehmen. Insbesondere Männer mit Klinefelter-Syndrom, sowie Männer, in deren Familie bereits Brustkrebs aufgetreten ist, sind gefährdet. Informieren Sie Ihre Patienten am besten in einem Vorsorgegespräch über typische Symptome des Mammakarzinoms beim Mann: Ein tastbarer Knoten oder eine Verhärtung in der Brust tritt sehr früh in Erscheinung. Auch eine Einziehung der Brustwarze oder ein Ausfluss können Anzeichen für Brustkrebs sein. Alarmzeichen sind aber vor allem Lymphknotenschwellungen in der Achselgegend und Hautveränderungen an der Brust.
Quellen:
Boni C et al., Anticancer Res 2014; 34:1287-1290
Glaser R & Dimitrakakis C. Maturitas 2015; http://dx.doi.org/10.1016/j.maturitas.2015.06.002
Glaser R & Dimitrakakis C. Menopause 2014; 21:673