Ich beginne meine Recherche über den PraenaTest® auf der Homepage des Anbieters LifeCodexx. In der Rubrik „Für Schwangere“ stoße ich gleich zu Beginn auf diesen Satz: „Der PraenaTest® kann dazu beitragen, Ihnen diese Sorgen zu nehmen. Er ist eine sichere und für Ihr ungeborenes Kind ungefährliche Untersuchung.“ [1] Eine ungefährliche Untersuchung? Für mich klingt das wie purer Zynismus.
Ungefährlich ist dieser Test nur für gesunde Kinder, für alle anderen, die eine Chromosomenaberration aufweisen, bedeutet der Test (meist) das Todesurteil. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass sich der Test steigender Beliebtheit erfreut. Gleichzeitig ist auch klar, dass über 90 % der Frauen bei dessen Kind eine Trisomie 21 diagnostiziert wird, das Kind abtreiben lassen. [3]
Weiter ist auf der Seite zu lesen: „Der PraenaTest® kann ab der vollendeten neunten Schwangerschaftswoche die Trisomie 21 (Down-Syndrom), 18 und 13, das Klinefelter-, Turner-, Triple X- und das XYY-Syndrom bei Ihrem ungeborenen Kind feststellen. Auf Wunsch bestimmt er auch das Geschlecht Ihres Kindes.“ [1] Vor allem Kinder mit Trisomie 13, aber auch Trisomie 18, haben eine (sehr) geringe Lebenserwartung, aber ein Todesurteil muss dies noch lange nicht sein. Wie letztes Jahr im „Tagesspiegel“ zu lesen war überlebt 1 von 12 Kindern mit Trisomie 18 oder 13 das erste Lebensjahr. Manche werden noch älter. Die anderen aufgelisteten Erkrankungen sind nicht mit einem Todesurteil gleichzusetzen und diese Menschen können ein erfülltes und glückliches Leben führen. Entschließen sich Familien für ein behindertes Kind, so gaben „97 Prozent an […], sie seien glücklich und dankbar für das kranke Kind.“ [2] Ob der Test wirklich Sorgen nimmt, oder eher Ängste schürt steht auf einem anderen Blatt. Frauen sind sich oft der Tragweite nicht bewusst und haben nicht unbedingt überlegt was sie denn wirklich tun, wenn das Kind behindert ist. Die Beratung seitens der Ärzte unterliegt keiner Qualitätskontrolle.
Sicherheit des Tests
Der PraenaTest hat eine hohe Sensitivität und Spezifität. Aber eine absolute Garantie gibt der Test natürlich nicht. Und so führt ein positives Ergebnis dazu, dass doch invasiv untersucht werden muss. Mit allen Risiken und psychischer Belastung für die Schwangere. Außerdem erfasst der Test nur freie Chromosomenaberrationen. Keine Mosaike oder strukturelle Aberrationen wie Translokationen. Falsch-positive Ergebnisse können ebenfalls nicht ausgeschlossen werden.
Inklusion und Pränataldiagnostik
Der PraenaTest® hat einzig und allein die Aufgabe zu selektionieren. Im Studium habe ich noch gelernt, dass Screeningverfahren nur dann erlaubt sind, wenn Betroffenen eine Therapie der Erkrankung angeboten werden kann. Dies ist in allen o. g. Fällen nicht so. Zudem finde ich, dass die Ausweitung der Pränataldiagnostik die Debatte um Inklusion ad absurdum führt. Sie widerspricht den Zielen der Inklusion und verstärkt die Diskriminierung Behinderter [5]. Einen sehr richtigen Satz habe ich von Pränatalmediziner Hagemann gelesen, der gegenüber der dpa sagte: „Die Tests beinhalteten nur eine begrenzte Menge an Informationen. Sie können nur etwas zu den genetischen Dispositionen aussagen, aber nichts über eine Bewertung des ganzen Kindes und seiner Lebensqualität.“ [4]
Wir werden natürlich nie in einer Welt ohne Behinderungen leben, da viele Behinderungen ja durch Unfälle oder degenerative Erkrankungen entstehen. Aber dadurch, dass wir Behinderung schon von Anfang an als Makel ansehen, den es zu entfernen gilt, wird sich auch der Umgang mit diesen Behinderten verändern. Hier schließt sich meiner Meinung nach auch der Kreis zum Thema Sterbehilfe.
Wie bekannt wurde, prüft nun der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), ob der PraenaTest® eine Regelleistung der Krankenkasse werden soll. Für mich unverständlich. Ich persönlich möchte mit meinen Kassenbeiträgen keine Selektion Behinderter fördern. Das Augenmerk sollte vielmehr auf Inklusion und Unterstützung der betroffenen Familien liegen. Aber bald wird sich wohl eine Familie rechtfertigen müssen, warum sie sich für ein behindertes Kind entscheidet.
Büchse der Pandora?
Wie schon oben zu lesen ist, lässt sich das Geschlecht ebenfalls durch den Test bestimmen. Ist es also nur eine Frage der Zeit, bis sich weitere Merkmale bzw. weitere Krankheitsdispositionen bestimmen lassen werden? Wird so nicht der Weg zum Designerbaby geebnet? Die Entwicklung erinnert mich an den Film Gattaca. In dem Film geht es, um aus Wikipedia zu zitieren, darum, „dass man das menschliche Erbgut wie ein Buch lesen und Veranlagungen für alle erdenklichen Krankheiten, geistige und physische Fähigkeiten, sowie die durchschnittliche Lebenserwartung daraus ermitteln kann. In dieser Gesellschaft haben nur mittels Gentechnik künstlich ausgewählte Menschen die Möglichkeit eines beruflichen Fortkommens. Bei der Geburt des Protagonisten Vincent Freeman liest die Krankenschwester nach einem Bluttest vor, dass Vincent eine genetische Disposition für ein schwaches Herz und damit eine niedrige Lebenserwartung habe.“ [6]
Das mag überzeichnet sein, aber nur die Zeit wird zeigen, ob sich die Befürchtungen erfüllen.
Quellen:
1) http://lifecodexx.com/
2) http://www.tagesspiegel.de/wissen/kinder-mit-trisomie-13-und-18-fuer-tot-erklaert/10661536.html
3) http://www.pharmazeutische-zeitung.de/?id=42683
4) http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=51427
5) http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/GID/223/dokumentation/pr%C3%A4nataldiagnostik-untergr%C3%A4bt-inklusion
6)https://de.wikipedia.org/wiki/Gattaca