Warum wird eigentlich nie von einem Welt-„Krankheits“-Gipfel statt von einem „World Health Summit“, von Gesundheits-Ministerien für „Krankheitsbewältigung“ oder von „Krankheits“- statt Gesundheitskrisen gesprochen?
Fährt die Politik womöglich einen euphemistisch-beschönigenden Schmusekurs, der die Dramatik der unbewältigten globalen Krankheits- und Sozialprobleme verniedlichen oder gar vertuschen soll?
Beim heutigen „Gesundheitshype“ kann man ja schon froh sein, dass Rettungswagen (RTW) nicht in „Gesundungs“-Wagen, Notarztwagen (NAW) nicht in „Heiler-Express“, Krankenwagen (KTW) nicht in „Gesundheitswagen“ umgetauft werden. Sollen Rettungs-Hubschrauber (RHS) Einsätze als Helikopter-Flüge etwa mit dem Begriff „Heil-Flüge“ statt Heli-Flüge umschrieben werden? Werden „Rettungsgassen“ auf der Autobahn fortan „Gesundheitsgassen“ heißen? Oder soll das sogenannte Rendezvous-System zwischen RTW und NAW zum „Gesundheits-Date“ werden? Kliniken und Krankenhäuser zu „Heilerzentren“ oder Reanimationen zu „Gesundheits-Energie-Rückgewinnungen“ mutieren?
194 Staaten, welche die WHO finanzieren, werden seit Jahrzehnten mit ebenso unverbindlichen wie haltlosen Versprechungen in die Irre geführt: „Gesundheit für alle bis zum Jahr 2000“ der WHO war bereits Anfang der 90er Jahre im letzten Jahrhundert leitmotivisch absolut weltfremd und eher surrealistisch. Selbst fach- und sachbezogene Aktivitäten bei Krankheits- und Naturkatastrophen, Seuchen- und Epidemie-Bekämpfungen werden pseudologisch mit Gesundheits-Ansprüchen oder Wohlfühl-Versprechungen verbrämt. Kein Staat dieser Welt gibt gerne Geld für Projekte, die nicht entschieden gegen Krankheiten ausgerichtet sind.
Nein, wenn es um internationale Unterstützung und Finanzierung von Projekten geht, mit denen alle Arten von Krankheiten, Not, Armut, Elend, Katastrophen oder bio-psycho-soziale Traumatisierungen weltweit bekämpft werden sollen, müssten die WHO und ihre regionalen Organisationen endlich einmal Mut zeigen, Farbe bekennen bzw. ihre begrenzten Möglichkeiten dokumentieren: HEALING IMPOSSIBLE!
Der permanente Gesundheits-Schmusekurs der WHO ist obsolet. Weltweit berechtigte Interessen von Patientinnen und Patienten bzw. von vital akut bedrohten Kranken, Gebrechlichen oder chronisch Kranken könnte die WHO nur überzeugend wahren und vertreten, wenn sie endlich einmal alle Krankheits-Entitäten, Epidemie-, Hunger- und Armuts-Gefahren bzw. ihre besonders schwerwiegenden Folgen bei Krieg, Vertreibung oder politisch, ethnisch und religiös begründeten Fluchtbewegungen mit ihren eigentlichen Namen benennt. Alles andere ist krankheitsverleugnendes, die Patienteninteressen nicht ernst nehmendes Gesundbeten bzw. gesundheitsduselige Augenwischerei. Vorhandene Krankheiten, ihre Bekämpfung und Behandlung müssen in den Fokus rücken.
Mit freundlichen kollegialen Grüßen, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund
WHO – [fighting global diseases for better living] globale Krankheiten für ein besseres Leben bekämpfen.
Aus persönlichen Gründen widme ich diesen Beitrag meiner hochverdienten Kollegin vom Deutschen Ärztinnenbund e. V., Frau Dr. med. Waltraud Diekhaus, von 1998 bis 2007 Generalsekretärin und von 2007 bis 2012 Vizepräsidentin des Weltärztinnenbundes (Medical Women’s International Association, MWIA).
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