Der New Yorker Mediziner Leonard Saltz hat gestern zum Auftakt des Jahreskongresses der US-Onkologen einige bemerkenswerte Rechnungen aufgemacht. In seiner Keynote beklagte sich Saltz darüber, dass die neueste Generation immunonkologischer Medikamente die Krebstherapie auf Dauer unbezahlbar macht.
Am Beispiel der Kombination Nivolumab und dem anti–CTLA-4-Antikörper Ipilimumab rechnete der US-Onkologe vom Memorial Sloan Kettering Cancer Centre die Behandlung eines Melanom-Patienten mit einem Gewicht von 80 kg vor. Sie kostet rund 300.000 US$. Wenn alle Patienten mit Melanom-Metastasen in den USA nach diesem Schema behandelt würden, kämen satte 174 Milliarden (in Zahlen: 174.000.000.000) US$ auf das teuerste Gesundheitswesen der Welt zugerollt.
"Ipilimumab ist ungefähr 4.000mal so teuer wie Gold" erklärte Saltz den verdutzten Anwesenden auf der ASCO 2015 - während sich die Frage nach der Kosten-Nutzen-Relation der Therapie keineswegs eindeutig beantworten ließe.
Der monklonale Antikörper sei aber nur eines von vielen Beispielen, so Saltz weiter, der mittlere Preis neuer Krebstherapien in den USA habe sich von 4.716 $ (2000-2004) auf 9.900 $ (2010-2014) erhöht. Diese Kostensteigerungen würden weder die Entwicklungskosten adäquat abbilden, noch würde sie Innovationen vorantreiben.
Als weiteres Beispiel konstruierte der Onkologe den Fall einer Behandlung mit dem neuen PD-1-Inhibitor Pembrolizumab. Bei einer Dosis von 10 mg/kg bei einem 75 kg schweren Patienten würden ca. 83.500 $ pro Monat oder mehr als 1 Million $ Behandlungskosten pro Jahr zusammenkommen.
"Die unbezahlbaren Kosten für Krebsmedikamente sind ein großes Problem. Und es ist unser Problem", erklärte er seinen Kollegen. Falls die Preise nicht deutlich sänken, müssen die Gesellschaft darüber diskutieren, welches finanzielle Limit man bei der Behandlung onkologischer Patienten einziehen wolle.
Saltz wörtlich: "Das wird eine sehr unangenehme Diskussion - aber es ist notwendig sie zu führen."
Der Onkologe hat bereits in der Vergangenheit auf die Kostenproblematik von Krebstherapien aufmerksam gemacht. 2012 sorgte seine Entscheidung für Aufsehen, Aflibercept nicht am MSKCC einzusetzen, da die Kosten mehr als doppelt so hoch waren als die der Vergleichstherapie.
Nivolumab und Pembrolizumab sind zur Zeit in Deutschland noch nicht zugelassen. Mit der Zulassung beider Wirkstoffe ist jedoch noch 2015 zu rechnen. Die DGHO hat bereits NUB-Anträge für Nivolumab und Pembrolizumab gestellt. Die Kostendiskussion dürfte daher schon bald im deutschen Gesundheitswesen ankommen.