Bundeselterninitiative "Mother Hood" lehnt Pläne der Krankenkassen ab. Erstmals wollen die gesetzlichen Krankenkassen aus der umfassenden Versorgung der Frauen mit Hebammenhilfe aussteigen. Dies wurde im Vorfeld der morgigen Vergütungsverhandlungen (28. April 2015) zwischen dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV-SV) und der Hebammenverbände (DHV und BfHD) bekannt.
Geht es nach dem Willen des GKV-SV, dürfen sich Frauen künftig nur noch unter bestimmten Voraussetzungen für eine außerklinische Geburt auf Kassenleistung entscheiden. Das Überschreiten des errechneten Termins um bereits einen Tag (ET+1) ist dabei eines der umstrittensten Kriterien. Die Pläne der Krankenkassen gelten zunächst für Hausgeburten. Der Verein "Mother Hood - Bundeselterninitiative zum Schutz von Mutter und Kind während Schwangerschaft, Geburt und 1. Lebensjahr", fürchtet deren Ausdehnung auf die Geburtshäuser noch in diesem Jahr.
"Für die bundesweit jährlich rund 12.000 betroffenen Frauen ist diese Entwicklung eine Katastrophe", sagt Eva Abert aus dem Vorstand des Vereins "Mother Hood". "Bei Kosten zwischen 1.000 und 1.500 EUR für eine außerklinische Geburt wird die Wahlfreiheit des Geburtsortes damit eine Frage des persönlichen Geldbeutels. Wir fordern, dass die Krankenkassen auch in der außerklinischen Geburtshilfe ihren gesetzlichen Versorgungsauftrag wahrnehmen". Den Verweis der Krankenkassen auf die Sicherheit von Mutter und Kind hält man bei der Bundeselterninitiative für einen vorgeschobenen Grund: "Außerklinische Geburten sind sicher (1). Dafür sprechen alle Zahlen - übrigens auch jene, die der GKV-SV in einer Studie 2011 (2) selbst erhoben hat", ergänzt Eva Abert.
Angst vor Sogwirkung Sorge bereitet dem Verein "Mother Hood" vor allem die Sogwirkung dieser Entscheidung. Wenn die Krankenkassen auf diese Weise vermitteln, es sei gefährlich den errechneten Termin um auch nur einen Tag zu überschreiten, wird sich dies auch auf klinische Geburten auswirken: "Schon heute wird bei 90 Prozent aller Geburten medizinisch eingegriffen. Der bereits bestehende Trend zur frühen Einleitung, verbunden mit weiteren Eingriffen bis hin zum Kaiserschnitt wird dadurch verstärkt", gibt Eva Abert zu Bedenken. Dabei kommen lediglich drei Prozent aller Kinder am errechneten Termin zur Welt. Da eine gesunde Schwangerschaft zwischen 38 und 42 Wochen dauert, wird von einer Übertragung im medizinischen Sinne erst ab ET+14 gesprochen. Bisher konnten die Frauen gemeinsam mit ihren Hebammen nach ausführlicher Aufklärung frei wählen, wo sie gebären wollen. Nach den Vorstellungen der Kassen ist dies bald vorbei – zumindest wenn die Frauen auf Erstattung durch die Kasse angewiesen sind. Zuletzt waren die Verhandlungen zwischen den Krankenkassen und den Hebammen an diesem Punkt gescheitert.
Der Verein "Mother Hood" Die Bundeselterninitiative "Mother Hood" setzt sich unter anderem für eine echte Wahlfreiheit in Bezug auf den Geburtsort und den Geburtsmodus im Sinne einer sicheren, evidenzbasierten Geburtshilfe in Deutschland ein. Der Verein geht aus der Facebookgruppe "Hebammenunterstützung" mit 16.000 Mitgliedern hervor und wurde am 22. März 2015 gegründet. Mit zahlreichen Aktionen machen Eltern seit Februar 2014 auf die größer werdenden Missstände in der geburtshilflichen Versorgung in Deutschland aufmerksam. Der Verein erreicht derzeit direkt ca. 70.000 Familien und hat auch darüber hinaus eine hohe öffentliche Wahrnehmung. Mother Hood ist bundesweit mit zahlreichen weiteren Initiativen rund um das Thema Geburt vernetzt.
(1) Qualitätsberichte zur Außerklinischen Geburt: http://quag.de/quag/publikationen.htm
(2) http://www.gkv-spitzenverband.de/presse/pressemitteilungen_und_statements/pressemitteilung_2019.jsp
Weitere Informationen: Großbritannien stärkt Hausgeburt - http://www.dhz-online.de/index.php?id=310&tx_ttnews[tt_news]=5410&cHash=fcba0109542431aeaf9f4d00e38b1eab