Bei Drogenkonsumenten stehen synthetische Substanzen wie Crystal Meth hoch im Kurs. Eine neue Leitlinie zeigt auf, welche Möglichkeiten es zur Diagnostik und Therapie gibt. Ziel bleibt, die Verbreitung von Amphetamin-Derivaten einzudämmen.
Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) kritisierte vor wenigen Wochen, Methamphetamin könne zu leicht in Amateurlabors hergestellt werden. Zusammen mit Vertretern aus Sachsen fordert sie deshalb, Chlorephedrin der europäischen Grundstoffverordnung zu unterstellen. Die Chemikalie wird von der pharmazeutischen Industrie benötigt, ist aber ein Baustein der Synthese von Crystal Meth. Diese Situation hat Ermittlungen zusätzlich erschwert. Gleichzeitig gelingt es halbwegs ambitionierten Chemikern, mit geringem Aufwand Amphetamin-Derivate herzustellen und zu verkaufen.
Dazu ein paar Zahlen. Wie Marlene Mortler, Drogenbeauftragte der Bundesregierung, berichtet, fallen pro Jahr etwa 3.000 Personen mit Crystal-Meth-Konsum auf. Wie hoch die Dunkelziffer ist, weiß niemand. Aufgrund der einfachen Synthese ist der Konsum längst zum bundesweiten Problem geworden. Deshalb hat Mortler zusammen mit Vertretern der Bundesärztekammer und der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) jetzt die weltweit erste S3-Leitlinie zur Behandlung Methamphetamin-bezogener Störungen vorgestellt. Das Dokument enthält 135 Empfehlungen zur Akut- und Postakutbehandlungen sowie zur Therapie diverser Begleiterkrankungen.
Die Leitlinie sensibilisiert, auf Anzeichen zu achten, die mit Methamphetamin in Verbindung stehen. Dazu gehören Karies, Zahnfleischerkrankungen und Mundsoor. Viele Konsumenten haben auch mit Problemen der Haut und der Schleimhäute zu kämpfen. Diese Symptome deuten auf einen chronischen Missbrauch hin. Akute Intoxikationen gehen mit Wahnvorstellungen und starken Erregungszuständen einher. Um herauszufinden, welche Substanz Patienten eingenommen haben, sind klassische Methoden der instrumentellen Analytik hilfreich. Bei bekannten Molekülen liefern sie rasch Resultate. Ist eine Pharmakotherapie erforderlich, greifen Ärzte nach wie vor zu Benzodiazepinen. Reicht die Wirkung nicht aus, bleiben Neuroleptika. Hier rät die Leitlinie an erster Stelle zu Olanzapin oder Risperidon. Haloperidol steht an zweiter Stelle. Die Auswahl orientiert sich an der vorherrschenden Symptomatik.
Weiter geht es mit dem stationären Entzug mit Psychotherapie und Maßnahmen zur Kontrolle der Symptome. Bewegung und bedarfsorientierte psychotherapeutische Angebote stehen laut Leitlinie auch bei der Postakutbehandlung im Mittelpunkt. Besonderheiten gibt es bei bestimmten Komorbiditäten wie Depressionen. Antidepressiva, die im klassischen Fall zur ersten Wahl zählen, zeigen nicht immer die erwünschte Wirkung. Sie sollten deshalb mit Zurückhaltung eingesetzt werden.