Stellen Sie sich vor, Ihre Ehefrau, Freundin, Partnerin, Familienangehörige, Sie selbst oder Freundinnen, gute Bekannte und Ihre Patientinnen über 50 Jahre hätten eine Komplexe ovarielle Raumforderungen in der Größe von 1 bis 6 cm. Sie würden u. a. die Serumwerte des Tumormarkers CA-125 bestimmen.
Würden Sie bei normalem CA-125 dann in aller Seelenruhe abwarten, in größeren Abständen sonografieren, ob das Ding weiter wächst, und sich erst dann zu einer operativen Exploration entscheiden?
In die vorliegende Studie mit dem Titel „Outcomes from ultrasound follow-up of small complex adnexal masses in women over 50” im American Journal of Obstetrics & Gynecology (2014; 211: 623.e1-7) von Elizabeth Suh-Burgmann et al. PDF der Studie wurden Patientinnen mit einem Ausgangs-Sono-Befund von 2007 bis 2011 zur Nachbeobachtung eingeschlossen ["The study population was defined as women older than 50 years of age who had a pelvic ultrasound from 2007 through 2011 in which a mass described as complex and 1-6 cm in size was reported"]. Die Nachbeobachtungsdauer betrug aber nur 24 Monate ["Surgical pathology from removal and diagnoses of ovarian cancer within 24 months of follow-up were identified"]. Von 1.363 Frauen im Alter über 50 waren nach einem Follow-up von 24 Monaten nur (?) 18 Frauen an einem Ovarialkarzinom oder Borderline-Tumor erkrankt. Sechs maligne Erkrankungen fanden sich bei 204 Frauen, die sich nach US-Diagnose sofort operieren ließen. Das ist eine primäre intraoperative Tumorinzidenz von 2,94 Prozent. Bei zehn der zwölf Malignome war eine Größenzunahme im Ultraschall nach bis zu 7 Monaten der Anlass zu 218 Operationen. Zwei Ovarialkarzinome traten offensichtlich o h n e weiteres Größenwachstum auf. Das entspricht einer nach "wait and see" abwartenden sekundären intraoperativen Tumorinzidenz von 5,5 Prozent. Dass die meisten Ovarialkarzinome im Stadium I detektiert und operiert wurden, hat bei einer direkten peritonealen Streuung und Metastasierungsgefahr nur Alibi-Charakter ["Growth was apparent on ultrasound by 7 months for all borderline and epithelial ovarian cancers. Of the 12 cases diagnosed during follow-up, 10 were found to be stage 1 at surgery"]. Bei den Schlussfolgerungen wird nicht mal ansatzweise diskutiert, welche Zeitbombe da tickt? ["CONCLUSION: Among isolated adnexal masses reported as complex and 1-6 cm on pelvic ultrasound in women older than 50 years, the overall risk of malignancy is low. All cases of epithelial cancer and borderline tumor demonstrated growth by 7 months of observation"]. Es erstaunt doch sehr, dass eine Zunahme der operativen Tumorinzidenz bei den Patientinnen von plus 87,07 Prozent nicht mal Erwähnung, geschweige denn eine fundierte Diskussion dieser alarmierenden Ergebnisse erfährt. Das ist keine seriöse Vorstellung von empirisch-wissenschaftlichen Ergebnissen.
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